Im Interview spricht Managing Director Area Africa, Samad Osman, über Hapag-Lloyds Strategie in Afrika, Potenziale und Risiken der dortigen Märkte und über die neue African Continental Free Trade Area.
In der vergangenen Woche unterzeichneten 44 von 55 afrikanischen Staaten ein neues Freihandelsabkommen zur Gründung einer der größten Freihandelszonen der Welt, der African Continental Free Trade Area (CFTA). Was erhoffen Sie sich von diesem Abkommen? Und welche Herausforderungen sehen Sie?
Ich denke, dass dieses Abkommen, das unter der Federführung der Afrikanischen Union ausgehandelt und symbolträchtig in Ruanda als einem Land ohne Meerzugang unterzeichnet wurde, für sich allein bereits als Erfolg zu werten ist. Das Abkommen birgt großes Potenzial für Afrika, nachdem die Vereinbarung der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) aus dem Jahr 2001 bis heute nur 15 Unterzeichner zählt. Globalisierung und Freihandel sind die Zukunft, insofern ist es als positiv zu werten, dass nun auch die meisten afrikanischen Staaten diese Realität mit ihrer Unterschrift anerkannt haben. Als Hauptproblem sehe ich, dass die beiden größten Volkswirtschaften Afrikas – Südafrika und Nigeria – das Abkommen nicht vollständig unterzeichnet und sich mehr Zeit für Konsultationen auf nationaler Ebene erbeten haben. Das ist so etwas wie die Kehrseite der Medaille. Außerdem ist die tatsächliche Umsetzung derartiger Vereinbarungen auf dem afrikanischen Kontinent erfahrungsgemäß ein langwieriger Prozess. Es bleibt zu hoffen, dass dies bei diesem wichtigen Abkommen nicht der Fall sein wird.
Welches Wachstumspotenzial sehen Sie in Verbindung mit diesem Freihandelsabkommen?
Zunächst gehe ich davon aus, dass es die industrielle Entwicklung und die regionale Zusammenarbeit ankurbeln wird. Heute ist das noch ein Problem, weil große Entwicklungsprojekte in der Regel auf einzelne Staaten beschränkt sind. Der innerafrikanische Handel und die Handelsvolumen (die bereits schneller wachsen als die Handelsrouten) würden von der Umsetzung des Abkommens immens profitieren.
EI (Economic Intelligence) zufolge befinden sich 20 der Länder mit dem stärksten BIP-Wachstum weltweit in Afrika. Die Umschlagvolumen für Subsahara-Afrika werden steigen.
Wie gestaltet sich der afrikanische Markt für Hapag-Lloyd? Wo liegen die größten Chancen und Aufgaben? Und was könnte sich mit dem Freihandelsabkommen ändern?
Wir haben eine neue Niederlassung in Ghana eröffnet und führen neue Dienste in Ostafrika ein. Wir wollen an diesem aggressiven Wachstumskurs festhalten, auch wenn wir an einigen Märkten (vornehmlich in Westafrika) inzwischen als ernstzunehmender Akteur anerkannt werden, sind wir an anderer Stelle nach wie vor unterrepräsentiert. Wir arbeiten hart daran, dies zu ändern.
Hapag-Lloyd hat kürzlich den East Africa Service eingeführt, der Ostafrika erstmalig mit dem globalen Netzwerk verbindet. Wie entwickelt sich das Angebot bisher? Sind weitere neue Dienste geplant oder andere Schritte als Reaktion auf das Freihandelsabkommen?
Das erste Schiff soll am 2. April in Jeddah auslaufen. Die Reaktion an diesen Märkten war großartig, und die Buchungsentwicklung – die wir, wie Sie sich vorstellen können, täglich beobachten – ist bisher sehr vielversprechend.
Aus Kundensicht interessant ist die Tatsache, dass wir neben der Erschließung von zwei Ländern mit Meerzugang zusätzlich und erstmalig rund elf Binnenlandkorridore eröffnen, um unseren Kunden auch Tür-zu-Tür-Transporte anbieten zu können. Unser Leistungsangebot wird damit vom ersten Tag an mit dem unserer Mitanbieter vergleichbar sein, die bereits seit Jahren an diesem Markt präsent sind. Deshalb betrachten die Kunden uns als Anbieter mit einem alternativen und werthaltigen Angebot. Unser Drehkreuz in Jeddah ist ein weiteres Novum für diesen Markt.