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„America first“: Was bedeutet das für den Welthandel?

Viele Europäer sehen in der Politik von US-Präsident Donald Trump eine isolationistische Anti-Handelspolitik. Dass die europäischen Zölle im Durchschnitt jedoch viel höher sind als die amerikanischen, sehen sie hingegen nicht. Experten erwarten eine erhebliche Zunahme von Handelsbeschränkungen – aber ist Amerika dabei die treibende Kraft oder müssen wir einen neuen Blick auf den Welthandel werfen? Am 4. Juli, dem Amerikanischen Unabhängigkeitstag, diskutierten drei internationale Experten die wirtschaftliche Situation in den USA und in Europa in der Zentrale von Hapag-Lloyd am Ballindamm. Der amerikanische Generalkonsul in Hamburg Richard Yoneoka leitete die Panel Diskussion ein, indem er an die langjährige Verbindung zwischen Europa und Amerika erinnerte – und daran, dass eben auch Teil dieser Geschichte ist, Dispute mit den jeweils amtierenden US-Präsidenten zu haben. Zugleich appellierte er daran, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt zum Handeln sei, um das Ungleichgewicht im Handel auszuloten. Denn: „Wenn wir nicht jetzt die Handelsstrategie renovieren, müssen wir es später machen – und das möglicherweise zu ungünstigeren Konditionen“, so Yoneoka.

Von links nach rechts: Professor Dr. Jacques Pelkmans, Peter S. Rashish, Moderator Dr. Uwe Jean Heuser und Professor Dr. Gabriel J. Felbermayr

Dies waren die Thesen der Diskutanten:

Professor Dr. Gabriel J. Felbermayr, österreichischer Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Ifo Center for International Economics in München:


„Das eigentliche Problem der USA ist die Verschuldung von rund 20 Billionen US Dollar. Diese Verschuldung kann nicht durch eine veränderte Handelspolitik ausgeglichen werden. Aber es scheint aktuell für die amerikanische Politik eine der Stellschrauben zu sein. Ich glaube jedoch, dass wir diese Eskalation, die wir gerade alle mitverfolgen, benötigen, um eine Lösung für das Problem zu finden.“

Peter S. Rashish, Senior Fellow und Director des Geoeconomics Program des American Insititute for Contemporary German Studies (AICGS) an der Johns Hopkins University in Washington:


“Die Regierung von Donald Trump testet gerade, ob es den USA besser ginge, wenn sie unabhängiger von Importen wäre. Sie probieren etwas, was zuvor keine andere US-Regierung getan hat. Wir sind also alle Zeuge eines großen Experiments. Der Umbruch in der Gesellschaft ist jedoch nicht allein durch die wirtschaftliche Situation zu begründen. Vielmehr sorgen neue Technologien und die Digitalisierung für Veränderungen am Arbeitsmarkt und in der Fertigung. Um mit dieser Herausforderung umzugehen, benötigen wir keine Ideologien, sondern eine klare Strategie.“

Professor Dr. Jacques Pelkmans ist Senior Fellow des Centre for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel und Professor des College of Europe in Brügge. Außerdem fungiert er als Berater der Europäischen Kommission, der OECD, der Weltbank, der UNIDO, ASEAN sowie für Regierungen in Europa und in Asien:


"Europa befindet sich aktuell in einer schwierigen, aber auch sehr faszinierenden Zeit. Die Zölle, die Präsident Trump Europa auferlegt hat, sind meiner Meinung nach irrational und lösen auch nicht das eigentliche Problem. Doch auch Deutschland reagiert mit irrationalen Zöllen – etwa auf amerikanische Autos, für die es kaum eine Nachfrage gibt. Die Irrationalität von Trump läuft Gefahr, uns in ein Dilemma zu stürzen wie im 19. Jahrhundert, in dem Handel und Außenpolitik miteinander verwoben waren und globale Regeln fehlten. Wie hingegen eine konstruktive Zusammenarbeit aussehen kann, zeigt das Abkommen der USA mit Europa und Japan, um „geistiges Eigentum“ vor Diebstahl aus China zu schützen.“