Wer ihm das erste Mal an Bord des Schiffes begegnet, hat zunächst einmal Respekt. Der feste Händedruck, der konzentrierte Blick, dazu die Größe – Syrel Lopena ist keiner, den man übersieht.
Das passt, denn als Bootsmann auf einem Container-Riesen wie der 366 Meter langen „Essen Express“ braucht es auch Durchsetzungsvermögen. Schließlich ist Lopena der Chef der Decksmannschaft und muss dafür sorgen, dass auch umgesetzt wird, worum Chief Mate oder Kapitän ihn bitten.
Doch der erste Eindruck täuscht. So imposant der Philippiner wirkt, so freundlich und bescheiden gibt er sich im Gespräch. Wenn der 37-Jährige von seiner Frau und seiner Tochter erzählt, vom gemeinsamen Haus, das er vor vier Jahren unweit des Meeres baute, bleibt vom ersten Eindruck einer harten Schale wenig übrig. Dann wird aus dem Deckschef der Familienvater.
Eine gute Flugstunde südlich der philippinischen Hauptstadt Manila ist Syrel Lopena aufgewachsen, auf Bohol, der zehntgrößten Insel des Landes. Das landschaftliche Idyll wird nur selten von den zerstörerischen Taifunen heimgesucht. Und wenn sie doch einmal über die Insel fegen, streifen sie das Eiland meist nur kurz.
Die Schifffahrt liegt in der Familie, wie bei so vielen in seiner Heimat. Nach der Highschool haben zwei seiner Onkel, beide Seefahrer, Lopenas Berufswahl beeinflusst. Zwei seiner insgesamt fünf Brüder (dazu hat er noch eine Schwester) fahren heute ebenfalls zur See, er selbst nunmehr seit 15 Jahren.
Vermittler zwischen der Schiffsleitung und der Crew
Syrel Lopena hat als „einfacher“ Seemann begonnen, seit drei Jahren arbeitet er als Bootsmann. Für Sicherheit an Deck zu sorgen, Wartungsarbeiten zu koordinieren, die Ladung im Blick haben – das sind seine wichtigsten Aufgaben. Lopena: „Ich habe jetzt mehr Verantwortung, ich leite ein Team. Als Bootsmann bist du eine Art Vermittler zwischen der Schiffsleitung und der Crew.“
Wenn diese Logbook-Ausgabe erscheint, wird Lopena gerade von Bord gehen, nach neun Monaten auf der „Essen Express“ – mit mehreren Rundreisen über den Pazifik und einer Klasse-Dockung des Schiffs bei Shanghai. Belastet ihn die lange Abwesenheit vom Zuhause nicht? „Nein, denn die Arbeit hier macht Spaß“, sagt Lopena. „Wir arbeiten gut zusammen und haben an Bord eine tolle Gemeinschaft.“ Beim Karaoke etwa ist Lopena gern dabei.
Langsame Songs aus den 80ern sind seine Favoriten, wenn sich am Freitagabend Offiziere und Mannschaft zu dem auf Schiffen so beliebten Zeitvertreib versammeln. Aber Bootsmann Lopena schränkt gleich ein: „Ich bin kein guter Sänger.“
Sein Plan für die Zukunft ist klar – er bleibt an Bord: „Ich möchte weiter auf See arbeiten. Hier ist jeder Tag anders, jeder Tag eine neue Herausforderung – das gefällt mir.“
Bereits zum neunten Mal ist Syrel Lopena für Hapag-Lloyd im Einsatz. Die „Basle Express“ mit 13.200 TEU war sein erstes Schiff. Die „Essen Express“ wird sicher nicht das letzte sein.
Die Crew-Vermittler
Syrel Lopena ist einer der vielen Seefahrer bei Hapag-Lloyd, die von den Philippinen stammen und von Marlow Navigation ausgebildet und an die Linienreederei vermittelt wurden. Marlow – wie auch das Unternehmen Aboitiz Jebsen – sorgt in enger Abstimmung mit dem Fleet Management in Hamburg dafür, dass insbesondere Mannschaftsdienstgrade gut vorbereitet an Bord der Schiffe von Hapag-Lloyd gehen. Zu diesem Zweck hat Marlow Navigation auf den Philippinen eine maritime Akademie und ein besonderes Trainingscenter für Seeleute aufgebaut.