Sie bauen ihr Obst selbst an, um die Qualität ihrer Ware von Anfang an sicherstellen zu können. Das Ziel von Anadolu Etap: eines der führenden Fruchtunternehmen Europas zu werden.
Pfirsiche, Nektarinen, Birnen und Äpfel soweit das Auge reicht: Auf etwa 1.000 Hektar Land baut das Frucht- und Fruchtsaftunternehmen Anadolu Etap auf der Tahirova Farm im Westen der Türkei, etwa 300 Kilometer von Istanbul entfernt, zahlreiche Obstsorten an. Und das auf nachhaltige Art und Weise. Die Plantage ist die größte des Landes und nur eine von insgesamt acht landwirtschaftlichen Betrieben des Unternehmens. Insgesamt hat Anadolu Etap fünf Millionen Obstbäume auf 3.000 Hektar Land. „Wenn die Bäume blühen und man umringt ist von einem Meer aus weißen und rosa Blüten, ist es hier besonders schön“, schwärmt Aysel Oguz, Sales Supervisor bei Anadolu Etap. Sie besucht die Plantagen das ganze Jahr über regelmäßig mit ihren Kunden. „Schließlich möchten sie die Qualität ihrer Ware stets im Blick behalten. Obst ist ein ‚lebendiges Produkt‘. Es gibt viele Einflüsse, die auf den Ertrag einer Ernte einwirken können. Und genau das macht dieses Produkt für mich auch so spannend.“
Zunächst verschiffte das Unternehmen nur Fruchtsaftkonzentrate – frisches Obst war dem heimischen Markt vorbehalten. Mittlerweile jedoch exportiert Anadolu Etap auch frische Waren nach Asien, in den Mittleren Osten und Indien, aber auch nach Zentral- und Osteuropa. Vor allem der Mittlere Osten ist ein wichtiger Markt für das Fruchtunternehmen, weil er geografisch so nah gelegen ist. „Mit Jebel Ali als Anlaufpunkt bietet uns Hapag-Lloyd kurze Verbindungen von Europa in den Mittleren Osten. Das ist genau das, was wir brauchen. Denn für uns ist entscheidend, dass die Ware schnell an ihren Bestimmungsort kommt. Endverbraucher möchten, dass das Obst im Geschäft noch fest ist“, erklärt Oguz. Damit das gelingt, sollte die Transitzeit maximal acht bis zehn Tage betragen.
Die Anadolu Group, die Özgörkey Holding und die brasilianische Cutrale Group gründeten 2010 Anadolu Etap, um der Nachfrage im Markt nach hochwertigen frischen Früchten und Fruchtsäften zu entsprechen. Trotz seines bisherigen Erfolgs strebt Anadolu Etap nach mehr – es möchte eines der führenden Fruchtunternehmen Europas werden. Das Besondere an dem Unternehmen: Anders als andere Fruchthändler baut es seine Ware zum Großteil selbst an. So kann es die Qualität seiner Früchte von Anfang an beeinflussen.
Insgesamt baut Anadolu Etap zehn Fruchtsorten in 100 verschiedenen Varianten an. Im Südwesten des Landes etwa, auf der Karapinar Plantage in Konya, wachsen neben Sauerkirschen 15 verschiedene Apfelsorten. „Äpfel sind vor allem in Asien beliebt, dort ist unser Hauptabsatzmarkt für dieses Produkt. Nach Europa verschiffen wir eher Steinobst und Granatäpfel. In den Mittleren Osten hingegen liefern wir unser gesamtes Sortiment – weil es nah gelegen ist und wir dadurch kurze Transitzeiten haben.“ Für längere Distanzen wie Hongkong oder Malaysia setzt das Unternehmen aktuell noch auf den Lufttransport. „Transitzeiten für diese Destinationen betragen via Schiff 25 bis 30 Tage. Das ist für die meisten Früchte zu lang“, erzählt Oguz. Gelänge es aber, auch den Inlandverkehr mit Reefer-Trucks zu lösen, fügt Oguz hinzu, könnte das Unternehmen langfristig mehr Früchte verschiffen.
Nicht jede Ware eignet sich für die Verschiffung in ferne Länder – Aysel Oguz hat die Früchte daher nach Sensibilität unterteilt. Steinobst etwa ist sehr empfindlich, erklärt sie, also kann es nur in nahe gelegene Länder in Europa oder dem Mittleren Osten exportiert werden. Pflaumengewächse sind länger transportfähig und können weitere Strecken, beispielsweise nach Asien, auf sich nehmen. „Wir recherchieren immer nach neuen Destinationen, das können auch kleinere Länder sein wie La Réunion oder Mauritius. Und dann schauen wir, wie wir längerfristig unsere Mengen erhöhen können“, so Oguz. „Generell ist der afrikanische Markt sehr attraktiv für uns.“
Anadolu Etap ist ein sehr junges Unternehmen mit einem ganzheitlichen Ansatz. „Uns ist es wichtig, unsere Früchte nachhaltig anzubauen – im Sinne der Qualität, aber auch der Umwelt.“ Dafür schult das Unternehmen seine Farmer im richtigen Anbau. Außerdem gibt es bei den landwirtschaftlichen Betrieben Kindergärten und Schulen. „Auf allen Plantagen beschäftigen wir Saisonarbeiter, vornehmlich Frauen, und die bringen in der Regel ihre Kinder mit“, erklärt Oguz. „Durch die Schulen vor Ort ermöglichen wir ihnen eine kontinuierliche Ausbildung.“ Rund 70 Prozent der Saisonarbeiter sind weiblich. So erhalten durchschnittlich 155 Kinder pro Jahr eine Schulbildung. Doch Kinder sind nicht die einzigen, denen Anadolu Etap eine Ausbildung ermöglicht: Im eigenen Ausbildungszentrum AgroAcademy schult das Unternehmen regelmäßig Landwirtinnen, um die Zahl seiner qualifizierten Mitarbeiterinnen zu erhöhen. Zugleich möchte Anadolu Etap Frauen dadurch die Möglichkeit geben, eine aktivere Rolle in der Wirtschaft zu spielen und die Arbeitslosenquote bei Frauen senken.
Dass das Unternehmen, für das sie arbeitet, so aktiv Frauen fördert, ist für Aysel Oguz die Kirsche auf der Sahnetorte. „Ich mag meinen Job aber auch sonst einfach sehr gern, weil kein Tag wie der andere ist – vor allem aber, weil keine Saison wie die vorherige ist.“ Denn neben dem Ernteertrag beeinflussen die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Umstände das Geschäft. Als Indien im vergangenen Jahr etwa Importe aus China verboten hatte, öffnete sich dadurch eine Tür für den Apfelimport aus der Türkei. Was sie sich für die Zukunft wünscht? „Dass auch neben der Hochsaison Dienste mit schnelleren Transitzeiten angeboten werden. Denn wir beliefern unsere Kunden weltweit das ganze Jahr über mit frischer Ware“, so Oguz.