Ob auf See oder in der Luft – die Offiziersuniform zeigt jedem sofort, wer gerade die Befehlsgewalt an Bord hat. Vor allem in Notlagen kann das lebenswichtig sein. Außerdem stärken Uniformen das Gefühl der Zusammengehörigkeit an Bord und machen ihre Träger stolz, Teil eines besonderen Unternehmens zu sein.
Arnold Lipinski kann sich noch gut an das Gefühl erinnern, als er das erste Mal seine neue blaue Uniform anzog: Zweiter Offizier bei Hapag-Lloyd, zwei goldene Streifen am Ärmel. „Da war ich schon ein bisschen stolz“, sagt er heute bescheiden – und doch hört man an seiner Stimme, dass es ein Meilenstein in seiner Karriere war.
Heute ist Lipinski Leiter Personal See bei Hapag-Lloyd und verantwortlich für die Besatzung der 112 Containerschiffen. Angefangen hat er bei Hapag-Lloyd als Decksjunge und ist dann aufgestiegen bis zum Kapitän. „Die Kapitänsuniform habe ich heute noch“, sagt Lipinski, der seit 2001 in Zivil am Ballindamm im Büro sitzt.
Das zeigt, wie wertvoll die Uniformen für fast alle ihre Besitzer sind. Die Kleiderordnung auf Container- und Kreuzfahrtschiffen sowie an Bord von Flugzeugen basiert mit ihren oft goldenen Rangabzeichen immer noch auf frühen Marineuniformen. Und die sollten ein Gefühl der Zugehörigkeit auslösen, ihre Träger stolz machen und am Wichtigsten: besonders für Außenstehende gut sichtbar Position an Bord und Autorität signalisieren. „Ein guter Kapitän und Offizier benötigt keine Streifen, um sich in seinen Aufgabenbereich intern an Bord durchzusetzen, externen Personen gegenüber ist es jedoch wichtig deutlich zu zeigen woher der Wind weht“, sagt Lipinski.
Außerdem wirkt die Uniform oft auch unbewusst auf ihren Träger „Man identifiziert sich durch eine Uniform leichter mit seinem Amt oder seiner Firma“, sagt dazu die Professorin für Modetheorie, Elisabeth Hackspiel-Mikosch. Hapag-Lloyd-Personalchef Lipinski ergänzt: „Wir machen das nicht um Lametta zu tragen, wir wollen Hapag-Lloyd repräsentieren.“
Deshalb gibt es auf allen Hapag-Lloyd-Schiffen seit langem vom Unternehmen klar festgelegte Bekleidungsvorschriften für die gesamte Flotte. „Wir möchten, dass unsere Offiziere und Ratings als Mitarbeiter von Hapag-Lloyd klar zu erkennen sind“, sagt Lipinski. „Die Uniform soll immer im Hafen getragen werden und während der Revierfahrten, wenn Lotsen an Bord sind. Zum Essen und in der Messe wird eine angemessene Kleidung erwartet.“ Im Gegenzug dafür, wird die Dienstkleidung für alle an Bord vom Arbeitgeber Hapag-Lloyd bezahlt.
Gerade läuft eine große Umstellungsaktion bei Hapag Lloyd. Rund 290 Offiziere und 475 Mitarbeiter (Ratings), die auf den ehemaligen Schiffen der 2017 übernommenen Reederei UASC fahren, werden von Kopf bis Fuß neu eingekleidet. „Viele liefen noch mit Overalls über Deck, wo hinten UASC draufstand oder gar andere Firmenbezeichnungen“, erläutert Lipinski. „Das wollen wir nicht, wir wollen allen zeigen, dass wir in Hamburg und Dubai eine Einheit sind.“
Die Mannschaften bekommen nun nach und nach Sicherheitsschuhe, Gehörschutz, T-Shirts und drei mit Hapag-Lloyd gebrandete Overalls. Die Arbeitskleidung hat also nicht nur den Zweck das Zugehörigkeitsgefühl zu stärken, sondern soll auch einen verbindlichen Sicherheitsstandard bieten.
Etwas komplizierter wird es, wenn ein Offizier der Hapag-Lloyd „mit der blauen Uniform und der markanten Mütze“ ganz neu ausgestattet wird. Die komplette Einkleidung eines neuen Offiziers kostet in Hamburg ungefähr 1100 Euro, sagt Lipinski. Danach fließt jeden Monat Geld auf ein sogenanntes Uniformkonto. Mit diesem Geld müssen die Führungskräfte auf See Verschleißteile nachkaufen – oder sich auch mal ganz neu einkleiden. Vor allem die Mütze sorgt laut Modeprofessorin Hackspiel-Mikosch dafür, „dass man schon von weitem erkennen kann, mit wem man es zu tun hat.“
Die Hamburger setzen auf Tradition bei Einkauf und Design: „Die Uniformen haben sich seit vielen Jahrzehnten kaum verändert. Lediglich die Embleme und Schulterklappen sind hier und da angepasst worden“, sagt der Personalchef. Auf europäischen Handelsschiffen tragen die Offiziere etwa seit 1918 einheitliche Uniformen. Angefangen haben damit die Briten. Ziel war es in Zeiten der boomenden Passagierschifffahrt, Reisende und Schiffspersonal klar auseinanderhalten zu können. Zudem wurden so auf einen Blick die Zuständigkeiten in der Seemannschaft durch Schulterepauletten, den goldenen Ringen auf den Jackenärmeln und Abzeichen auf den Mützen sichtbar. Das erhöhte die Effektivität an Bord und wurde deshalb bald auch von den europäischen Reedern auf ihren Handelsschiffen eingeführt.
Bestellt wird die traditionsreichen Hapag-Lloyd-Uniform meist immer noch bei einem der ältesten Lieferanten in der Hansestadt. Im Jahr 1875 begannen der Kaufmann Hehl und der Schneidermeister Steinmetz damit, vom eigenen Anleger aus mit der Barkasse Uniformen und Bekleidungen für Schiffe im Hafen direkt zu verkaufen. Steinmetz + Hehl beliefert Hapag-Lloyd seit Jahrzehnten, „wie auch die meisten anderen in Hamburg ansässigen Reedereien“, sagt die heutige Chefin Dagmar Erren stolz. Ein Zweiter Lieferant ist die Firma Meyer-Thölen, der Hapag Lloyd ebenfalls seit Jahrzehnten die Treue hält.
Selbstverständlich werden die weiblichen Offiziere und Kapitäne an Bord von Hapag-Lloyd-Schiffen mit entsprechenden Dienstuniformen ausgestattet. Die männlichen Uniformteile in marineblau und die weißen Hemden werden lediglich figürlich angepasst.
In Dubai übernimmt nun ein örtlicher Anbieter die Ausrüstung der Offiziere. Dieser hatte zuvor ein Probemodell aus Hamburg geliefert bekommen und musste vor Auftragserteilung Farbe, Passform und Stoffqualität in Wolle/Trevira garantieren. Das ist den Hamburger Reedern vom Ballindamm wichtig, denn schon Andy Warhol schwärmte: „People in uniform always look so great.“