Hapag-Lloyd hat gerade einen neuen Liniendienst namens Turkey NA East (TNE) eingeführt, der die Türkei mit der US-Ostküste verbindet. In diesem Interview spricht Danny Smolders, Managing Director Area Turkey, über die verbesserte Anbindung und schnellere Transitzeiten, von denen die Kunden dank des neuen Dienstes profitieren werden.
Danny , warum dieser neue Dienst? Und auf welche Kunden ist er ausgelegt?
Wir haben bei Hapag-Lloyd bereits im Jahr 2017 den Dienst Atlantic Loop 7 (AL7) eingeführt. Dieser bietet Direktverbindungen von Aliağa und Mersin an die US-Ostküste. Die einzige Schwäche in diesem Zusammenhang ist ein Mangel an Direktverbindungen ab dem Marmarameer mit den dortigen Häfen Istanbul, Izmit und Gemlik. Also haben wir diese Häfen mittels Zubringern nach Piräus an den AL7 angebunden, was natürlich zu längeren Transitzeiten geführt hat. Wir hatten jedoch auch mit zusätzlichen Kosten zu kämpfen und verpassten oft den Anschluss, vor allem ab Izmit und Gemlik, wo wir nur über eine begrenzte Feeder-Konnektivität verfügen. Aufgrund des wachsenden Volumens von der Türkei in die Vereinigten Staaten und der Zielsetzung der Erschließung attraktiver Märkte im Rahmen unserer Strategy 2023 waren wir auf der Suche nach Gelegenheiten für neue Dienste und Direktverbindungen von bestimmten Häfen. Dank einer einzigartigen Kooperation zwischen der Area Turkey, Network and Cooperations und Trade Management Atlantic konnten wir uns dem bestehenden Turkon Line-Dienst anschließen, der in der Türkei und den Vereinigten Staaten ein sehr hohes Ansehen genießt. Es handelt sich dabei um einen der zuverlässigsten Dienste am Markt im Hinblick auf Transitzeiten. Der Dienst ist vor allem interessant für BCO-Kunden und Ladung mit Bedarf an besonders kurzen Transitzeiten. Doch alle Kunden, die einen direkten Dienst vom Marmarameer an die US-Ostküste bevorzugen, können von unserem TNE-Dienst profitieren.
Welche besonderen Stärken kann Hapag-Lloyd in diesen Markt hineinbringen?
Hapag-Lloyd ist im Verkehr von der Türkei in Richtung USA ein sehr renommierter Frachtführer mit guter Reputation, vor allem im Door-to-Door-Geschäft. Unser Door-to-Door-Netzwerk und die damit verbundenen Kompetenzen und Kapazitäten zählen in diesem Dienst zu unseren Stärken. In der heutigen Marktumgebung kommt zudem neben Pricing und Allokation der Verfügbarkeit der Ausrüstung eine hohe Bedeutung zu. Ein weiterer Vorteil ist somit, dass wir uns durch unser Ausrüstungsmanagement einen Vorsprung vor unseren Mitanbietern erarbeiten.
Eine weitere Stärke in der Türkei ist unsere Abteilung für Special Cargo, die für Spezial-Equipment zuständig ist. Bereits diese Stärken sorgen gemeinsam dafür, dass wir am Markt eine recht starke Stellung einnehmen. Mit unserem neuen TNE-Dienst werden wir darüber hinaus auch in der Lage sein, neue Geschäftschancen im Bereich Special Cargo ab Izmit und Gemlik in Richtung der US-Ostküste in den Blick zu nehmen.
Bleibt noch hinzuzufügen, dass unsere Kunden Quick Quotes durchweg begeistert angenommen haben. Ein großer Teil unserer Buchungen wird über das neue Tool getätigt, hierin eingeschlossen solche für transatlantische Sendungen und den TNE-Dienst.
Wie ist die wirtschaftliche Lage in der Türkei? Und wie bedeutsam ist die Containerschifffahrt für die türkischen Exporte?
Die türkische Wirtschaft ist recht unvorhersehbar und noch immer empfindlich, vor allem aufgrund von geopolitischen Spannungen und Unsicherheiten. Die Konjunktur hat seit den wirtschaftlichen Turbulenzen im Sommer 2018 noch nicht ins Gleichgewicht zurückgefunden. Ursache damals war ja vor allem eine Währungskrise. Einige positive Signale hat es gegeben. So ist etwa die Inflation mittlerweile wieder weitgehend unter Kontrolle, die industrielle Produktion hat sich etwas erholt und das Leistungsbilanzdefizit fällt geringer aus. Doch es gibt noch immer wesentliche Unsicherheiten auf kurze Sicht, zum Beispiel die Refinanzierung der Auslandsschulden, Sanktionen auf Erdöl aus dem Iran und Spannungen im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten – insbesondere in Bezug auf den Kauf des russischen S-400-Raketensystems. Der offizielle Leitzins der türkischen Notenbank liegt bei 24 Prozent, eine Absenkung in der ersten Jahreshälfte gilt als unwahrscheinlich.
Wie sieht die Zukunft für Hapag-Lloyd in der Türkei aus?
Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage und des hohen türkischen Leistungsbilanzdefizits sind Exporte und die Containerschifffahrt überhaupt natürlich von höchster Bedeutung für die türkische Wirtschaft. Eine schwächere türkische Lira könnte zwar als Exporttreiber wirken, aber es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Türkei in hohem Maße auf Rohstoffimporte angewiesen, um produzieren zu können. Zudem stehen die Exportpreise in US-Dollar aufgrund des nationalen und regionalen Wettbewerbs sichtlich unter Druck. Fakt ist aber auch, dass die türkischen Exporte steigen, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass hier eine Veränderung eintritt. Dies hat ganz klar auch Hapag-Lloyd erkannt, wurde doch die Türkei in der Strategy 2023 als attraktiver Markt eingestuft.