Sie wollte vor allem etwas studieren, was ihr Vielfalt bietet – und wurde bei der Seefahrt fündig. Heute kann sich Chief Mate Taalke Middents gar nichts anderes mehr vorstellen.
Obwohl in Emden aufgewachsen, kam Taalke Middents gar nicht in den Sinn, zur See zu fahren. Die Stadt im Nordwesten Deutschlands ist bis heute durch ihren Seehafen geprägt. Nach dem Abitur wollte Middents gerne etwas Vielfältiges machen – dabei stieß sie auf den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen für Seeverkehr. „Das Studium klang super interessant. Dass das bedeutet zur See zu fahren, habe ich allerdings erst im Nachhinein verstanden“, sagt Middents und lacht.
Bereut hat sie ihre Entscheidung bis heute nicht. Während ihrer Studienzeit fuhr Middents eigentlich alles: Angefangen vom Mehrzweckschiff über Container Feeder bis zum Kreuzfahrtschiff. Ihr erstes Praxissemester machte sie noch vor Studienbeginn. „Als ich das erste Mal auf See war, wusste ich eigentlich sofort, dass es das Richtige für mich ist.“ Da war sie 19 und für ein halbes Jahr auf einem Mehrzweckschiff in der Karibik unterwegs. „Das war ein kleines Schiff, da hat man fast jede Welle gespürt. Durch dieses Praktikum wusste ich also bereits vor dem Studium ziemlich genau, was auf mich zukommen würde.“
An ihrem Beruf schätzt sie vor allem jene Vielfalt, die sie bei der Studienwahl gesucht hatte. „Gerade als Chief Mate gehen meine Aufgaben weit über den üblichen Wachdienst an Bord hinaus“, so die heute 29-Jährige. „Ich bin auch mit für die Personalführung zuständig, bin verantwortlich für die Deckscrew, deren Dienstpläne ich schreibe und für die Auszubildenden.“ Gerade die Zusammenarbeit mit den anderen Mannschaftskollegen und die Internationalität an Bord machen ihr Spaß.
Seit September fährt sie als Chief Mate für Hapag-Lloyd auf der „Prague Express“ im India America Express (INDAMEX) Service, welcher zwischen den USA und Indien verkehrt. „Der Job ist natürlich derselbe wie vorher auch“, so Middents. „Nur das Schiff ist entscheidend größer.“ Nach ihrem Studium fuhr sie fünf Jahre für die Reederei Leonhardt und Blumberg auf Charterschiffen. Warum sie bei Hapag-Lloyd anheuerte? „Naja, es ist halt Hapag-Lloyd“ sagt sie mit einem Schmunzeln im Gesicht. Vor allem aber schätzt sie die Arbeitsplatzsicherheit. Zuvor hatte sie immer nur befristete Arbeitsverträge. Außerdem gefallen mir die Schiffe – das Flair ist total wohnlich, was es zu einem Zuhause macht und nicht nur zum reinen Arbeitsplatz. Dass es richtige Büroräume an Bord gibt, fördert zudem den Austausch unter den Kollegen.“
Was ihr außerdem gefällt: Die Weiterbildungsmaßnahmen. „Für mich ist es ein Novum, dass Fortbildungen proaktiv angeboten werden“, erzählt Middents. Außerdem gefällt ihr der Zusammenhalt unter den Crews auch zwischen den Schiffen. Als sie beispielsweise nach Indien fuhren hieß es, an Bord dürfe es keinen Plastikmüll geben. „Daraufhin haben wir das ganze Schiff nach Plastik abgesucht und alles feinsäuberlich sortiert.“ Als der Kapitän jedoch Rücksprache mit dem Kapitän des Schwesterschiffes im selben Service hielt, das zuvor den Hafen passiert hatte, gab er Entwarnung: Es ging vor allem um Einwegplastik. Zudem gab er Tipps zum Einhalten der Vorschriften. Auf keiner Fahrt verzichten kann Taalke Middents auf ihre Lakritze: „Die sind immer dabei.“
Rettungsschwimmer im Urlaub
Im Urlaub bereist Sie die Welt. Taalke Middents war schon fast überall: auf Fotosafari in Namibia, Trecking in Australien und in den USA. Im Sommer verbringt Sie Ihre Zeit am liebsten an der See. „Abwechselnd bin ich dann am liebsten zwei Wochen auf den Inseln Borkum und Rügen, um dort ehrenamtlich als Rettungsschwimmerin zu arbeiten.“ Das macht sie schon, seit sie 16 ist. Manchmal aber schweift ihr Blick von den Schwimmern ab auf die großen Containerschiffe, die vorbeifahren.