Wie lässt sich Gender Equality definieren und messen? Wie weit ist die maritime Wirtschaft auf See und an Land auf diesem Weg bereits fortgeschritten und wo stehen wir im Vergleich zu anderen MINT-Branchen? Diese Fragen diskutierte Dorina Schwartz, Manager Fleet Management Systems bei Hapag-Lloyd beim Bremer Schifffahrtskongress. Ihr Fazit: Wir brauchen mehr weibliche Vorbilder.
Dass das Panel bei diesem Thema ausschließlich aus Frauen bestand, war wenig verwunderlich. Repräsentativ für die Branche ist das allerdings nicht. Gemeinsam mit Claudia Ohlmeier, erste Vorsitzende von WISTA Germany (Women's International Shipping & Trading Association) und Nathalie Gelder, Fachgruppenleitung Feldgeräte bei BASF, diskutierte Dorina Schwartz das Thema Gender Equality in der maritimen Wirtschaft und darüber hinaus.
Den Auftakt machte Claudia Ohlmeier mit einem Überblick über die Entwicklung von Gender Equality. Besonders eindrucksvoll: wie sich die gesellschaftliche Bewertung von Rollenbildern anhand von Wortschöpfungen verdeutlichen lässt. Während uns Begriffe wie Karrieremann, Rabenvater und Männerquote abwegig erscheinen, finden diese für Frauen ganz selbstverständlich Verwendung.
Die frühere Offizierin Dorina Schwartz kennt beide Seiten – die Arbeit an Bord und an Land. Zwar wirken die Hierarchie, Dienstränge und klare Aufgabenbeschreibungen an Bord zuweilen altmodisch. Abgesehen von der Notwendigkeit in Hinblick auf die besonderen Bedingungen an Bord, nicht zuletzt bezüglich der Sicherheit, sind diese Bezeichnungen hinsichtlich der Gleichberechtigung durchaus dienlich. Flache Hierarchien und freiere Arbeitsgestaltung an Land haben zwar ihre Vorteile, bieten hingegen aber weitaus mehr Raum für Ungleichbehandlung und weniger Transparenz. An Land sind wir demnach umso mehr gefordert, auf Gleichberechtigung zu achten.
Wie das konkret umgesetzt werden kann, stellte Natalie Gelder dar. Genau wie die maritime Branche, haben auch andere Wirtschaftszweige auf dem Weg zu Gender Equality noch einige Schritte vor sich. Gelder zeigte strukturelle Nachteile und unbewusste Denkmuster auf, die wir oft als Kinder erlernen und somit später nicht mehr infrage stellen. Daher ermutigte sie dazu, einen Perspektivwechsel zu wagen. Mit dem Ziel, Diskriminierung zu erkennen und sich ihr entgegenzustellen.
Der anfänglichen Zweifel, warum ein vermeintlich so selbstverständliches Thema überhaupt besprochen werden musste, wich schnell der Einsicht, dass diese so genannte Selbstverständlichkeit im Alltag längst nicht gelebt wird.
Was es braucht, sind mehr weibliche Vorbilder im höheren Management und mehr Sichtbarkeit von inspirierenden Lebensläufen. Nicht zuletzt würde dies auch einen positiven Einfluss auf den Nachwuchs haben. Vor diesem Hintergrund wäre es z.B. auch erstrebenswert, mehr weibliche Vortragende in Gremien und auf Kongressen zu haben – selbst dann, wenn es nicht um Gender geht, sondern um ihre eigentliche, fachliche Expertise.