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„Die beste Entscheidung meines Lebens“

Moritz Hector fährt seit eineinhalb Jahren als Dritter Ingenieur für Hapag-Lloyd. Von seiner Faszination für die Seefahrt, der Liebe zur Maschine und warum er das Museumsschiff „Bleichen“ fürs Interview wählte, erzählt er hier.

Seine Mutter stand als Chief Mate auf der Brücke, sein Vater arbeitete unter Deck als Ingenieur und Patentante Helga fuhr als Kapitänin zur See. Kann man da was anderes werden als Seefahrer? Moritz Hector lacht: „Als kleines Kind konnte ich mir das nicht vorstellen, ich wollte Ornithologe werden, interessierte mich für Vögel und Natur – aber als ich 14 war, nahm mich mein Vater mit auf eine Schiffsreise von Brisbane nach Auckland, wo er als Inspektor arbeitete. Als ich das erste Mal das Deck des Schiffs betrat, dauerte es keine Sekunde: Mein Entschluss, zur See zu fahren stand fest“, erzählt der gebürtige Hamburger. Ein Schulpraktikum auf der Werft Blohm+Voss folgte und gleich nach dem Abitur bewarb sich Hector bei Hapag-Lloyd für die Ausbildung zum Schiffsmechaniker. Brücke oder Maschine? Das war nicht die Frage: „Ich wollte mir beide Optionen offenhalten, deshalb war die Ausbildung zum Schiffsmechaniker gesetzt. Hier lernst Du alles, was Du für die Seefahrt und fürs insgesamt Leben brauchst.“ Handwerkliches Geschick brachte Moritz Hector bereits von der Waldorfschule mit: „Auf praktisches Arbeiten wurde viel Wert gelegt, bei uns gab es sogar eine eigene Schmiede an der Schule.“

In seinem Element: Moritz Hector hält mit seinem handwerklichen Geschick die Maschinen auf unseren Schiffen am Laufen

Zum Interview sind wir auf der „Bleichen“ verabredet, einem Stückgutfrachter von 1958, der im Hamburger Hansahafen gleich neben dem Hafenmuseum liegt. „Aktuell bin ich nicht so aktiv als Ehrenamtlicher, aber während meiner Ausbildung und der Studienzeit in Flensburg habe ich hier regelmäßig mitgearbeitet“, berichtet Moritz Hector stolz und lädt zu einem kleinen Rundgang ein. Die holzgetäfelte Kapitänskammer mit getrennten Wohn- und Schlafbereich ist fast original erhalten, auch das Sprachrohr von der Brücke direkt ans Bett des Kapitäns existiert noch. Brücke, Funkstube und Salon versprühen den Charme der 1950 Jahre. „2007 durfte ich mitarbeiten, als die ,Bleichen‘ in die Norderwerft geschleppt wurde, um sie zu restaurieren. Da konnte man vom offenen Deck bis runter in die Maschine gucken“, erzählt der 28-Jährige.

So sehr er den historischen Frachter mag, die Arbeit auf den Containerschiffen mit moderner Technik schätzt er doch ein bisschen mehr: „Ob Wartungsarbeiten, Maschinen reinigen oder komplett zu zerlegen und wieder zusammenzubauen, kleinere und größere Reparaturen gemeinsam im Team zu erledigen – da bin ich in meinem Element!“ Welcher Motor ist besser, der von Sulzer oder der von MAN? Auch darüber debattiert der technikbegeisterte Mann mit Leidenschaft: „Viele bevorzugen die Motoren von MAN, aber ich finde Sulzer interessanter, auch wenn die in der Anwendung etwas komplizierter sind.“

Ob Wartungsarbeiten, das Reinigen von Maschinen oder das komplette Auseinander- und Zusammenbauen von Motoren, Moritz Hector erledigt gerne kleinere und größere Reparaturen

Wer mehr von dieser Begeisterung erfahren will, muss nur mal im Blog „A seafarer’s view“ des dritten technischen Offiziers stöbern. Hier veröffentlicht er Geschichten rund um seinen Arbeitsalltag auf See, Porträts von Kollegen und Fotos, mit denen der Hobbyfotograf seine Fahrten dokumentiert. Auch wenn der letzten Eintrag schon eine Weile her ist, Hector schildert mit viel Liebe zum Detail, wie das Leben an Bord verläuft. Mit seinem Schreibtalent schaffte er es sogar auf die Homepage von Hapag-Lloyd: Sein Erfahrungsbericht über seine ersten Einzelreise auf der „Glasgow Express“ steht auf der Karriereseite der Reederei. „Diese Reise war unvergesslich“, findet Hector. „Die Crew an Bord passte unglaublich gut zusammen, ich habe echte Freunde gefunden. Und auch wenn die ,Glasgow Express‘ schon etwas älter war und wir ziemlich viel zu tun hatten, verlebten wir eine supergute Zeit.“ Dazu gehörte auch die erste Fahrt durch den Panamakanal und die Überquerung des Äquators inklusive der obligatorischen Taufzeremonie, Landgänge in Cartagena und Valparaiso und das Schwimmen in der Dominikanischen Republik. Auch seinen 20. Geburtstag feierte er damals an Bord: „Die vier Monate vergingen wie im Flug!“

Seit eineinhalb Jahren fährt Moritz Hector jetzt als Dritter technischer Offizier zur See. Er schipperte mit der „Prague Express“ Richtung Indien und danach zwei Mal mit der „Rotterdam Express“ nach Südamerika. „Auf der letzten Reise bin ich in Norfolk eingestiegen, dann ging es runter nach Brasilien rüber auf die andere Seite nach Chile, Ecuador und wieder zurück. Spannend war die Fahrt durch die Magellanstrasse, bei knapp fünf Grad fährst du vorbei an schneebedeckten Bergspitzen, das ist schon beeindruckend.“ Coronabedingt waren Landausflüge so gut wie gar nicht möglich, die Zeit sei besonders für die philippinischen Kollegen hart gewesen: „Ihre Fahrtzeit dauert ja ohnehin länger und einige konnten wegen der vielen Lockdowns weltweit nicht abgelöst werden.“ Aber mit Film- und Spieleabenden hätte die Crew das ganz tapfer überstanden, findet Moritz Hector. „Und bei einer der letzten Reisen waren viele Musiker an Bord. Die beiden Wachoffiziere spielten Schlagzeug, der Elektriker beherrschte mehrere Instrumente und die meisten Philippinos sind sowieso musikalisch, da hatten wir eine richtige Band, haben regelmäßig Musik gemacht.“

In seiner fahrtfreien Zeit bis Ende des Jahres könnte er mal wieder ein bisschen Saxofon üben, überlegt Hector. Oder vielleicht doch noch den einen oder anderen Blogeintrag verfassen? Zum Zweiten Offizier fehlt dem sympathischen Mann noch ein Monat Fahrtzeit, das wird mit der nächsten Reise erledigt sein. Aber egal, wann er befördert wird, Moritz Hector ist sicher: „Zur See zu fahren, war die beste Entscheidung meines Lebens!“

Er freut sich immer auf die nächste Herausforderung auf unseren Schiffen - die Schifffahrt ist sein Leben!

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