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Kapitän Treibstoff

LNG? Biogas? Ammoniak? Oder doch Wasserstoff? Wer wissen will, was die Schiffe von Hapag-Lloyd in Zukunft antreibt, trifft sich am besten mit Michael Behmerburg. Typisch Hapag-Lloyd: Der Treibstoffspezialist und -einkäufer kennt sich nicht nur damit aus, sondern ist selbst viele Jahre zur See gefahren. Hier erzählt der Kapitän von seinem Werdegang, einer langen Minute auf dem Suezkanal und einer ganz besonderen Hochzeitseinladung.

Wie ein 16-Jähriger aus einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen zur Seefahrt kommt? „Ich hatte einfach keine Lust mehr, zur Schule zu gehen“, lacht Michael Behmerburg. Offenbar nicht die schlechteste Voraussetzung, eine 1A-Karriere bei einer der weltweit größten Reedereien hinzulegen. „Die Abenteuerlust habe ich wohl von meinem Vater geerbt. Er ist Holländer, fuhr selbst als junger Mann zur See, wanderte später nach Paraguay aus. Elf Jahre lebte er in Italien, bevor er nach Deutschland kam und meine Mutter kennenlernte – ein echter Weltenbummler!“ Vom Vater ermutigt, bewarb sich der Realschüler Behmerburg 1985 bei Hapag-Lloyd auf die Ausbildung zum Schiffsmechaniker. „Ich hatte bereits einen anderen Vertrag in der Tasche, aber als die Zusage von Hapag-Lloyd kam, entschied mich um. Mir war schon damals klar: Wenn du zur See fahren willst, gibt’s nichts Besseres als Hapag-Lloyd!“

Michael Behmerburg begeisterte sich schon in jungen Jahren für die Schifffahrt und schaffte es schließlich sogar, Kapitän auf unseren Schiffen zu werden

37 Jahre später sitzt der gut gelaunte Mann in seinem Büro am Ballindamm. Seit 2015 arbeitet er an Land, ist mittlerweile als „Director Global Fuel Purchasing“ für den technischen Teil des weltweiten Einkauf von Brennstoffen aller Art zuständig. Dabei liegt der Fokus auf Qualitäten und den Einkauf von alternativen Brennstoffen wie Bio-Brennstoffen und LNG. „Gerade bauen wir eine neue Abteilung auf, die wir ,Green Fuel‘ nennen. Hapag-Lloyd will bis 2045 CO2-neutral sein, ein ehrgeiziges Ziel, für das es nicht die eine, sondern viele verschiedene Lösungen gibt“, so der Experte.

Michael Behmerburg ist in seinem Element, sobald er über die Brennstoffe der Zukunft referiert. Er erklärt wie durch Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und CO2neutralen Wasserstoff getrennt werden, weiß über die Vor- und Nachteile von Biogas Bescheid, erläutert das Herstellungsverfahren von grünem Ammoniak und warum dieser leichter zu speichern ist als Wasserstoff – wer hätte gedacht, dass in einem Kapitän auch ein begeisterter Chemiker steckt? Aber Behmerburgs Aufgaben sind noch komplexer: „Wir müssen bei der Planung unzählige Faktoren berücksichtigen, vor allem, was Verfügbarkeit und Kosten anbelangt. Schweröl war lange Zeit ein billiges Abfallprodukt des Raffinerieprozesses , in großen Mengen verfügbar und besonders für die Schifffahrt geeignet. Die neuen Brennstoffe sind teurer und wir konkurrieren mit anderen Mobilitätsbereichen, beispielsweise der Luftfahrt und dem normalen Straßenverkehr. Langfristig wird ein Brennstoff basierend auf synthetischem Wasserstoff das Rennen machen, allerdings ist die Herstellung noch zu teuer und es gibt diese Brennstoffe nur in sehr kleinen Mengen. Es ist eine herausfordernde, unglaublich spannende Zeit!“, findet Behmerburg.

Behmerburg ist in seinem Element, wenn es um das Thema Kraftstoffe geht

Tränen in Bremerhaven, Badespaß vor Aruba

An seine erste Zeit bei Hapag-Lloyd erinnert er sich wie gestern: „Meine Eltern brachten mich nach Bremerhaven, wo ich auf die "Allemannia Express" einstieg, Mama stand heulend am Pier und dann war ich erst mal fünf Monate unterwegs. Es ging rüber nach Savannah, runter in den Golf von Mexiko nach Veracruz über New Orleans, Houston und wieder zurück nach Nordeuropa. So was als 16-Jähriger zu erleben, ist beeindruckend – und war damals nichts für Zartbesaitete“, erzählt Behmerburg: „Abends um zehn flog schon mal die Tür auf und der Meister rief ,Kammerkontrolle!‘, inspizierte unsere Schränke. Wie die bei uns Jungs aussahen, kann man sich denken“, grinst der Vater von zwei Söhnen. Er macht keinen Hehl daraus, dass es früher an Bord weit strenger zuging als heute: „Da schickte man uns bei schlechtem Wetter zum Knoten üben ins Kabelgatt ganz nach vorn unter die Back. Einer von uns wurde prompt seekrank und bekam dann vom Koch eine leere Konservendose umgehängt für den Fall der Fälle. So was wäre heute undenkbar!“

Seinen Lehrjahren kann der 53-Jährige dennoch eine Menge abgewinnen: „Einerseits hat mich das abgehärtet, andererseits gehörtest du als Azubi nicht zur Besatzung und hattest viele Freiheiten. Auf meiner zweiten Reise auf der "Caribia Express" nach Südamerika zum Beispiel, da durften wir vor Aruba mit dem Rettungsboot an den Strand von Oranjestad fahren und baden gehen, das war fantastisch.“ Überhaupt: Die vielen Häfen, die Städte weltweit kennenzulernen: „Vancouver, Seattle, Hongkong, Singapur oder Valparaíso – du begreifst die Welt wie in keinem anderen Beruf!“ findet Michael Behmerburg. Und doch ist ihm der Hamburger Hafen der liebste: „Die Elbe runterfahren, vorbei an Blankenese und dem einmaligen Treppenviertel, dieses Gefühl, nachhause zu kommen, das ist unbeschreiblich!“

Die Seefahrt hat ihn härter gemacht

Blackout im Suezkanal und die Vorteile des Doppelpatents

Nach der Ausbildung und einjähriger Fahrtzeit holte Michael Behmerburg 1989 sein Fachabitur nach, studierte Nautik und Technik in Hamburg, fuhr in den Folgejahren alle Patente aus, bis er mit gerade mal 34 zu einem der jüngsten Kapitäne Hapag-Lloyds ernannt wurde. Seine erste Fahrt bescherte dem frisch ernannten Kapitän eine der längsten Minuten seines Lebens: „Das war im Suezkanal. Ich stand gerade mal zwei Stunden als diensttuender Kapitän auf der Brücke, da machte es ,Puff‘ und die Maschine ging aus, totaler Stillstand. Mir rutschte das Herz in die Hose, ich sah buchstäblich vor mir, wie man mich am Ausgang des Suezkanals erwartete, um mir den vierten Streifen wieder von der Jacke zu reißen“, erzählt der Kapitän. Grund für den Maschinenausfall war eine Leckage, wodurch der Schmieröldruck absackte: „Ohne Schmieröl schaltet sich die Maschine automatisch ab“, erklärt Behmerburg. Der Schaden war binnen einer Minute behoben, die Fahrt konnte fortgesetzt werden, entpuppte sich aber insgesamt nicht als die einfachste Reise seiner beruflichen Laufbahn. „Als wir in Singapur eine Reparatur hatten, kam mir mein doppeltes Patent sehr zugute. Drei Stunden habe ich mit dem Zweiten Ingenieur unter Deck rumgeschraubt, um den Hilfsdiesel zu starten und ein paar andere Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Ich weiß noch, wie ich zu meiner Frau sagte: „Entweder kriege ich nach dieser Reise einen Herzinfarkt oder mich schreckt nichts mehr.“ Letzteres war der Fall.

Seeleute sind anders, manche Hochzeiten auch

Diese Erlebnisse seien die Ausnahme gewesen, der Alltag und das Miteinander an Bord liefe bei Hapag-Lloyd außerordentlich gut, findet Behmerburg. „Seeleute sind ein besonderer Menschenschlag. Du lebst auf engstem Raum zusammen, kannst nicht einfach abends in Deine Lieblingskneipe gehen oder Dir ein Pizza bestellen, wenn das Essen nicht schmeckt. Du arrangierst dich und lernst in der Gemeinschaft zu leben. Ich glaube, Seeleute gehören zu den sozialverträglichsten Menschen überhaupt.“ Dass scheint bei Michael Behmerburg auch fürs Privatleben gelten. Seit 25 Jahren ist er glücklich verheiratet. Zur Hochzeit kam es 1997 allerdings auf Umwegen: „Damals gab’s noch keine E-Mails, Telefonieren war nur eingeschränkt möglich, alles lief über Luftpost. Ich schrieb meiner Frau, ob wir es vielleicht doch noch vor der Geburt unseres Sohnes schaffen, bekam aber keine Antwort. Der Weg von Singapur zurück nach Europa dauerte 21 Tage und erschien mir ewig. Erst in Southampton kam die nächste Post. Da saß ich dann mit dem Ersten Ingenieur in der Messe, öffnete meine Briefe, unter denen sich auch eine Hochzeitseinladung befand. Ich sagte noch ,Ach, wie schön, wer heiratet denn?‘, dann wurde ich blass: Es war die Einladung zu meiner eigenen Hochzeit. Meine Frau hatte in der Zwischenzeit alles organisiert. So bin ich an einem Donnerstag ausgestiegen, besorgte uns fix noch die Eheringe, zum Anzugkauf blieb keine Zeit also musste die Uniform reichen und am Montag darauf haben wir geheiratet. Das passiert dir nur als Seemann.“

Kapitänsuniform und Hochzeitsanzug - Michael Behmerburgs ehemalige Kapitänsuniform ist auch für besondere Anlässe geeignet

Bauaufsicht, Piratenabwehr, neue Herausforderungen an Land

Elf Jahre fuhr Michael Behmerburg als Kapitän zur See. Er war in dieser Zeit unter anderem für die Bauaufsicht dreier Hapag-Lloyd-Schiffe in Korea verantwortlich und beriet als Verbindungsoffizier in Fragen der Handelsschifffahrt die „Operation Atalanta“, eine Anti-Piraterie-Mission der Europäischen Union in Northwood, London. „Bei Hapag-Lloyd ergaben sich immer wieder Gelegenheiten, mein Wissen als Kapitän zur Verfügung zu stellen und etwas Neues zu lernen.“ Im Dezember 2014 verließ Michael Behmerburg die „Hamburg Express“ im Hamburger Hafen. Einen Monat später klingelte das Telefon. „Es ging um ein Projekt, bei dem 16 Schiffe verkauft oder umweltfreundlich recycelt werden sollten. Ob ich mir vorstellen könne, dieses Projekt zu leiten. Wann es losgehen sollte, fragte ich. ,sofort!‘. Ich sagte zu.“ Seitdem arbeitet der Kapitän an Land.

Die Söhne sind längst erwachsen und der Vater freut sich, dass beide ihre eigene Passion gefunden haben. Der ältere ist IT-Fachmann, der jüngere arbeitet mit Leib und Seele als Erzieher. „Natürlich war die Seefahrt für meine Familie eine Herausforderung. Wenn du Weihnachten nicht zuhause bist oder den einen oder anderen Geburtstag verpasst, kann es schon Tränen geben. Andererseits bist du in der fahrtfreien Zeit von morgens bis abends für deine Familie da. So konnte ich als einzige männliche Begleitperson mit auf Klassenreise gehen. Und ich war auf dem Vater-Kind-Tag im Kindergarten. Ein Kapitän in Uniform – darauf waren meine Jungs stolz“, freut sich Behmerburg. „Allerdings lief mir damals ein Vater von der Stadtreinigung den Rang ab: Er hatte sein Kehrfahrzeug dabei und alle Kinder wollten nur da mitfahren.“

Neben dem Motorradsport, Michael Behmerburg fährt eine PS-starke Triumpf Tiger 1200, ist Reisen seine Leidenschaft. Zur Silbernen Hochzeit gönnten sich die Eheleute im Sommer 2022 eine vierwöchige USA-Reise: „Wir sind nach New York geflogen und dann mit dem Mietwagen die Ostküste bei bestem Wetter von Staat zu Staat runter bis Miami gefahren. Ich liebe die Großstadt New York, aber auch Kleinstädte wie New Hope am Delaware River mit dieser überwältigenden Natur drumherum haben ihren Reiz. Oder St. Augustine unterhalb von Jacksonville: Die älteste Siedlung der vereinigten Staaten macht amerikanische Geschichte erlebbar, die spanische Architektur der ersten Eroberer ist noch überall zu entdecken!“ Vermisst er da nicht doch manchmal die Seefahrt? „Ich würde sagen, dass sich das eher ergänzt. Als Seemann war ich so gut wie überall, habe sozusagen die interessantesten Ecken der Welt recherchiert. Jetzt kann ich die Begeisterung fürs Reisen mit meiner Frau teilen.“

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