Rund 100 Schiffe werden im Rahmen unseres Fleet Upgrade Program mit neuem Propeller und neuem Wulstbug ausgestattet – das senkt die Treibhausgasemissionen und ist ein großer Schritt in Richtung unserer Nachhaltigkeitsziele
Eine rechteckige, schwimmende Konstruktion, obendrauf ein Kran. Sieht gerade mal schwimmtüchtig aus, zeigt im Hamburger Hafen aber, was sie wirklich kann: zum Beispiel Schwergewichte wie einen neuen 70-Tonnen-Schiffspropeller auf die „Sofia Express“ zu verladen. „Der neue Propeller ist der erste von circa 100, die uns in den kommenden Jahren von der Mecklenburger Metallguss GmbH (MMG) aus dem norddeutschen Waren an der Müritz geliefert werden“, berichtet Martin Grieger. Er ist Director Fleet Upgrade und damit für eines der größten Nachhaltigkeitsprojekte bei Hapag-Lloyd verantwortlich.
„Nachhaltigkeit ist das Stichwort unserer Zeit“, so Grieger. „Neben den selbst gesetzten Dekarbonisierungszielen fordert die IMO von der internationalen Schifffahrt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber den Werten von 2008. Wir schauen uns alle Schiffe an – also auch die älteren und die gecharterten – und prüfen, wo wir Potenzial für Effizienzsteigerungen sehen. Wir wollen mit der bestehenden Flotte den Verbrauch senken, beziehungsweise mehr Container mit der gleichen Leistung fahren.“
Die größte Herausforderung vielleicht: Das Fleet Upgrade Program ist ein riesiges Puzzlespiel. Frank Tiedemann, Manager Fleet Upgrade: „Basierend auf der Auswertung der Fleet Analytics Gruppe in unserer Abteilung stimme ich gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen ab, welche konkreten Maßnahmen nötig und machbar sind, um die Schiffe möglichst nachhaltig und damit gleichzeitig kostensparend fahren zu lassen.“ Potenzial ergibt sich vor allem aus den Messungen vergangener Fahrten. „Wurde zum Beispiel über einen längeren Zeitraum regelmäßig nur die halbe Maschinenleistung abgerufen? Oder ändern sich andere Parameter, sinkt zum Beispiel das durchschnittliche Fahrttempo? Dann kann es sich rechnen, Propeller und Wulstbug zu tauschen“, so Frank Tiedemann.
Das geschieht auf der Grundlage von Designstudien. Und das bringt wiederum einen strategischen Partner wie die Mecklenburger Metallguss ins Spiel. „MMG hat den unschätzbaren Vorteil, einen neuen Propellerentwurf rein computerbasiert erarbeiten zu können“, sagt Georg Eljardt, Director Fleet Analytics & Technical Optimization Fleet Upgrade Program. So entfallen zeitraubende physische Testreihen mit Modellen, und es entsteht trotzdem ein Propeller, der exakt auf den individuellen Schiffsrumpf und das Einsatzprofil abgestimmt ist. „MMG verfügt über eine exzellente Referenz“, so Eljardt. „Und die gelieferte Qualität ist herausragend.“
Der Transport der Kolosse von Waren nach Hamburg muss auf der Straße geschehen. Die Organisation dahinter gehört zu den Aufgabenfeldern von Andrea Bachmann, Manager Project Coordination Fleet Upgrade Program. „Bei mir liegt die Schirmherrschaft über die Timeline des Projekts. Ich koordiniere es in alle Richtungen, bin also in kontinuierlichem Kontakt zu unserem Network, dem Technical Fleet Management und Chartering, genauso aber auch mit Lieferanten und Hafenagenten.“
Für Propeller Nummer eins hatte Bachmann den Transport bis Dubai zu organisieren. Dort ging die „Ningbo Express“ für die reguläre Klassenerneuerung in die Werft und währenddessen auch für zwei Wochen ins Trockendock. „In dieser Zeit musste der Umbau des Propellers und des Wulstbugs stattfinden. Ein enges Zeitfenster also, für das wir so manche Herausforderung gemeistert haben“, erinnert sie sich. Im weiteren Verlauf des Fleet Upgrade Program werden zudem Werften an vielen weiteren Standorten eine Rolle spielen: Dann geht es, so die Planung, nach Dänemark, Portugal, Spanien, in die Türkei, in den Oman, nach Singapur und China.
Die Logistik- und Zollthemen drumherum hat Marc Höpfner im Blick. „In den kommenden Jahren haben wir fast 100 Breakbulk-Verladungen für das Projekt zu stemmen. Da habe ich schon eine gewisse Ehrfurcht vor dem Organisationsaufwand“, so der Manager Spare Part Logistics Suppliers. „Verspätungen darf es eigentlich aufgrund der kurzen Dockungszeiten nicht geben, sie werden aber nicht ganz zu vermeiden sein. Das macht extrem kurzfristige Umbuchungen nötig. Da bin ich glücklich, in einem Netzwerk so motivierter Kolleginnen und Kollegen zu arbeiten, auf die man sich auch in schwierigen Situationen verlassen kann!“
Transportiert wird fast immer innerhalb des Hapag-Lloyd-Netzwerks – um die Kosten niedrig zu halten, aber eben auch, um möglichst die gesamte Kette von der Planung bis zur Ausführung selbst in der Hand zu haben. Und wo das nicht geht, sind zumindest die eigenen Leute vor Ort. Das gilt auch für das Trockendock, wo der zuständige Technische Inspektor Ralf Kühne den gesamten Werftaufenthalt eng begleitet und koordiniert. Als erster Ansprechpartner vor Ort gegenüber der Werft verantwortet er nicht nur den Umbau, sondern auch die regulären Klassearbeiten. Ihm arbeitet zum Beispiel Rainer Giertz, Manager Fleet Upgrade, zu. „Mein Job beginnt allerdings schon während der Planung“, so Giertz. Denn: Die „Ningbo Express“ hat nicht nur einen neuen Propeller erhalten, sondern auch einen neuen Wulstbug. „Damit gleitet das Schiff mit weniger Widerstand durchs Wasser, was sich auch sofort in weniger Verbrauch und weniger Emissionen niederschlägt.“
Die Vorarbeiten dazu waren nicht unaufwendig: Zuerst wurde das Schiff mittels 3-D-Scan vermessen, Organisation, Auswertung und Projektmanagement lagen bei Giertz in enger Zusammenarbeit mit Technischem Fleet Management, Procurement und externen Partnern.
Gefertigt wird der Bug dann meist durch die Reparaturwerft. „Die Abnahme der gebauten Blöcke machen wir vor Ort gemeinsam mit unseren technischen Inspektoren. Anschließend werden die Blöcke von innen mit Farbe beschichtet, um Korrosion vorzubeugen. Sobald die Installation am Bug abgeschlossen ist, geht es unter dem wachsamen Auge des Inspektors vom Technical Fleet Management weiter mit der Außenhautbeschichtung des gesamten Schiffs – so erreichen wir einen homogenen Auftrag über den ganzen Rumpf inklusive Antifouling.“
Für Außenstehende wäre das Schiff damit bereit für weitere Jahre erfolgreiche Fahrt. Lars Voss, Technischer Inspektor, würde widersprechen. Und er hat gute Gründe dafür: „Das Design des Propellers, damit einhergehend eine neue Drehzahl und ein anderer Wirkungsgrad haben direkten Einfluss auf die Hauptmaschine. Die muss erst auf die neuen Parameter eingestellt werden. Genauso gilt es, in Abstimmung mit Herstellern und Diensteistern die Steuerung und Überwachung anzupassen. All das gehört mit zu meinem Job.
In der Summe also ein Megaprojekt, das nur durch erfolgreiche Zusammenarbeit gelingen kann – vom Umfang und der Durchdringung der Flotte her ist das Fleet Upgrade Program einzigartig in der Geschichte der Hapag-Lloyd.
Am Ende wird alles in eine Hand gelegt: die des Kapitäns Johan Schultz: „Durch den Umbau verbrauchen wir den Prognosen nach circa zehn Prozent weniger Kraftstoff. Das ist ein Riesenschritt nach vorn. Maßnahmen wie LED-Beleuchtung, frequenzgesteuerte Kühlwasserpumpen sowie bedarfsgeregelte Maschinen- und Laderaumlüfter helfen zusätzlich, den Energiebedarf zu senken.“