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Von Mumbai in die weite Welt

Schon als 11-Jährige träumte Dimple von einer Karriere bei der indischen Marine, aber nach ihrem Schulabschluss entschied sie sich um und startete eine Ausbildung zur nautischen Offizierin. Heute ist Dimple eine der ersten weiblichen Kadetten, die von Anglo Eastern auf einem unserer Schiffe eingesetzt werden. Hier erzählt sie uns von ihren ersten Erfahrungen auf der "Quebec Express", ihrem Hund Kiki und welchen indischen Festen jeder einmal beiwohnen sollte. Außerdem erklärt Suvendu Mohanty, stellvertretender Geschäftsführer der Anglo-Eastern (Germany) GmbH, warum er so stolz auf sie ist.

„Der Weg zur Marine ist in Indien lang. Als Corona kam, und alles noch komplizierter wurde, dachte ich: Handelsschifffahrt, das könnte ich doch auch probieren!“ Die 20jährige Dimple meldet sich aus ihrer Heimatstadt Nashik nahe Mumbai, wo sie gerade ihre freie Zeit genießt. „Ich bewarb mich 2021 zur Aufnahmeprüfung an, alles online versteht sich, und ergatterte einen Ausbildungsplatz bei der ,Anglo-Eastern Maritime Academy ‘“, erzählt sie. „Die ersten zwei Semester fanden bis auf einen Monat allesamt online statt. Und ehrlicherweise war das super. Auf der Akademie geht es normalerweise um fünf Uhr los und es ist alles ziemlich streng, auch was die Uniformen betrifft. Selbst für den Lunch musst du dich umziehen. Online fing der Unterricht um neun Uhr morgens an, alles casual“, lacht die junge Frau. „Elf Monate habe ich keine der anderen Kadetten live gesehen, erst am Ende des zweiten Semester waren wir einen Monat zusammen auf der Schule, aber dank der vielen Videokonferenzen und Unterrichtsstunden hatten wir alle Kontakt zueinander.“

Verbunden mit Himmel und Meer

Auf ihre erste Reise musste Dimple etwas länger warten. Zweimal wurde sie eingeteilt, doch beide Fahrten wurden kurzfristig gecancelt. „Und dann kam plötzlich die ,Quebec Express‘ um die Ecke – das war großartig!“, findet Dimple.
Das erst Mal an Bord habe sie überwältigt, berichtet Dimple: „Ich bin nicht gläubig im herkömmlichen Sinne, eher spirituell. Auf dem Schiff zu sein, verbunden mit Himmel und Meer, das fühlte sich einfach gut an.“ Auf der fast neunmonatigen Reise in der Praxis anzuwenden, was sie im Online-Unterricht gelernt hatte, war mindestens genauso erfüllend. „Die Navigation, die Peilung der Tanks, Wartungsarbeiten, Wache gehen, aber auch die Ladearbeiten im Hafen und der Papierkram usw. – wir durften überall dabei sein und überall mitmachen“, erzählt Dimple stolz. Mehrere Male fuhr sie die Route von Southampton, Antwerpen, Hamburg dann rüber nach Montreal und zurück. „Das sind vier Häfen in knapp 28 Tagen, da bleibt auch noch Zeit zum Lernen“, erzählt die gutgelaunte Frau.

Dimple weiß, was sie will: „Irgendwann als Offizierin oder Kapitänin auf der Brücke zu stehen, dafür gebe ich alles!“, sagt sie selbstbewusst. Und woanders zu leben als in Mumbai, kann sich die unternehmungslustige Inderin auch vorstellen: „Hamburg kann ich nicht beurteilen, da besuchte ich nur den Seemannsclub, aber ich war mehrfach in Montreal unterwegs. Eine coole Stadt mit weltoffenen Menschen! Kanada ist insgesamt so viel entspannter als unser lautes und buntes Indien, wo alle eng aufeinander hocken – leider auch sehr teuer. Um hier zu leben, müsste ich mehr verdienen. Aber das kann ja noch kommen“, grinst sie. Andererseits liebt Dimple ihre Heimat: „Nirgendwo auf der Welt werden so viele und so schöne Feste gefeiert wie in Indien, das muss eigentlich jeder mal erlebt haben: Ob ,Holi‘, das Fest der Farben, unser Jahresfest ,Navrartri‘ mit dieser Mischung aus Gebeten, üppigen Festessen und großen Tanzveranstaltungen, oder das Lichterfest ,Diwali‘, auf dem wir Hindus den Triumph des Lichts über die Dunkelheit zelebrieren – niemand feiert so ausgelassen wie wir!“

Ein Hund namens Kiki und rauf aufs nächste Schiff

Hat sie da auf der ersten Reise nicht auch mal Heimweh gehabt? Dimple denkt einen Moment nach und lächelt dann. „Ja, sicher vermisste ich meine Brüder und meinen Vater, aber am schlimmsten war die Trennung von Kiki!“ Kiki ist ihr indischer Spitz, von dem sie hin und wieder auch Bilder auf Instagramm postet. „Sie ist bei mir, seit sie 20 Tage alt ist, und als ich 2022 an Bord ging, war meine größte Sorge, dass sie mich nicht wieder erkennt, wenn ich zurückkomme.“ Die gemeinsamen Anfangsmonate im Lockdown müssen gewirkt haben. „Kiki erkannte mich auf Anhieb wieder und freute sich wie verrückt. Sie weicht mir seitdem nicht von der Seite, will überall dabei sein. Und wenn ich ihr nicht genügend Aufmerksamkeit schenke, bekomme ich Ärger.“
Noch hat Dimple Urlaub, trifft sich mit ihren Freundinnen und hilft auch zuhause im Haushalt. Aber sie freut sich schon auf die nächste Reise. Dass Kiki sie nicht vergisst, macht den Abschied etwas leichter. „Ende März geht es wieder los, eine Woche lang werden wir vorher noch mal mündlich und schriftlich geprüft!“ Welches Schiff? „Keine Ahnung, da ist alles möglich.“


Suvendu Mohanty, stellvertretender Geschäftsführer der Anglo-Eastern (Germany) GmbH, ist stolz auf sie:

"Die Schifffahrt ist seit jeher ein Männerberuf. Während meiner 42-jährigen Laufbahn in der Schifffahrt war sie weitgehend männlich dominiert, und es ist höchste Zeit, dass wir dies ändern, um das gesamte Spektrum der Talente zu nutzen - unabhängig vom Geschlecht.

Verschiedene Aufsichtsbehörden wie die IMO, ICS und andere haben konzertierte Anstrengungen unternommen, um die Schifffahrtsbranche voranzubringen, indem sie sich für die Geschlechtervielfalt einsetzen und Frauen unterstützen. Langsam aber sichersehen wir einen stetigen Fortschritt bei der Zahl der Frauen in der Schifffahrt. Und obwohl die Zahl noch nicht groß ist, deutet sie auf einen positiven Trend hin.

Bei Anglo-Eastern unterstützen wir seit langem weibliche Kadetten an unserer Seefahrtsakademie und weibliche Seeleute in unserer gemanagten Flotte. Zudem wurden wird von der indischen Regierung als einer der größten Arbeitgeber für Frauen in der Schifffahrt des Landes anerkannt.

Wir haben verschiedene Maßnahmen und Initiativen für das Wohlergehen unserer weiblichen Seeleute durchgeführt und ihnen geholfen, die sozialen, kulturellen und praktischen Hindernisse zu überwinden, die ihr berufliches Wachstum und ihre Entwicklung beeinträchtigen könnten."

Suvendu Mohanty, Deputy Managing Director Anglo-Eastern (Germany) GmbH

"Als ich Dimples Interview las, erfüllte es mich mit großer Genugtuung, Stolz und dem Gefühl der Gewissheit, dass wir tatsächlich auf dem richtigen Weg sind, um unser Ziel zu erreichen, ein integratives Umfeld an Bord zu schaffen, in dem alle willkommen sind. Der Schlüssel dazu ist das Hinterfragen von Stereotypen, die Beseitigung von Barrieren und die Schaffung eines geschlechtergerechten Arbeitsplatzes, an dem Gleichberechtigung herrscht."