Fast jeder mag sie: Schokolade. Schon das Öffnen der Verpackung steigert die Vorfreude – das Rascheln des Papiers, der Geruch des Kakaos. Wenn es dann beim Hereinbeißen laut knackt und das Schokoladenstückchen langsam auf der Zunge schmilzt, ist das purer Genuss. Nicht umsonst gehört Schokolade zu den beliebtesten Süßigkeiten – doch kaum einer weiß, unter welchen schwierigen Bedingungen sie gefertigt wird und wer wie viel daran verdient. Etwa sechs Prozent des Ladenpreises verdienen Erzeuger in der Regel pro Tafel Schokolade. Bis zu 70 Prozent gehen an diejenigen, die die Kakaobohnen weiterverarbeiten und Schokolade daraus machen. Der Rest ist für den Handel.
Für Hendrik Reimers, Gründer von fairafric, war dies eine einfache Rechnung: Um die Menschen vor Ort zu unterstützen, muss hier auch die Wertschöpfung stattfinden. So war die Idee geboren zur ersten zu 100 Prozent in Afrika produzierten Schokolade für den europäischen Markt. „Gerade Kleinbauern sind hier in der Armut gefangen, weil sie davon leben, Rohstoffe zu verkaufen, die oft an Weltmarktpreise gekoppelt sind. Diese Spirale wollte ich durchbrechen“, erzählt Reimers. Aktuell liegt der Weltmarktpreis für Kakaobohnen bei etwa 2.100 USDollar pro Tonne (Stand Oktober 2018). Das sind zwei US-Dollar pro Kilogramm.
Durch die Produktion vor Ort schafft fairafric es, den Ertrag auf mehr als 11.000 US-Dollar pro Tonne zu heben. „Wir zahlen unseren Partnern 0,80 US-Dollar pro Tafel Schokolade. Außerdem erhalten die Farmer von uns zusätzlich eine Prämie von 600 US-Dollar pro Tonne“, erzählt Reimers. „Unser übergeordnetes Ziel ist es, die Erzeuger zu befähigen, ihre Farmen nachhaltig zu bewirtschaften und durch den Bio-Anbau für sich selbst höhere Preise zu erzielen. Dies gelingt uns durch Schulungen vor Ort.“
Auf die Idee, lokal zu produzieren, kam Reimers während einer Reise durch Afrika 2013. „Als ich zurückkam, habe ich zunächst die größten Kakaoanbauländern recherchiert“, so der ehemalige Software-Verkäufer. In Afrika wird viel über den Hinterlandverkehr geregelt, es gibt nur wenige Länder mit direktem Hafenzugang. Daher war dem gebürtigen Bremer bei seiner Wahl wichtig, einen Ort auszumachen, der möglichst nah an Europa lag und somit eine schnelle Transportkette ermöglicht. In Ghana fand Reimers die Voraussetzungen, die er für sein Unternehmen benötigte und die passenden Partner.
Für den Transport seiner Ware setzt Reimers auf den Mediterranean West Africa Express (MWX). „Für uns ist dieser Dienst optimal, da er eine Direktverbindung von Tema nach Hamburg bietet – und das in nur 15 Tagen“, so der 36-Jährige. „Gerade mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft, zu dem die Nachfrage nach Schokolade besonders hoch ist, ermöglicht uns dies, schnell für Nachschub zu sorgen.“ Seine Container bucht er übrigens per Quick Quotes. „Als Kleinunternehmer mit variablen Transportvolumen im Jahr ist für mich Flexibilität sehr wichtig. Genau das ermöglicht mir Quick Quotes – ich kann darüber schnell nachsehen, wann ein Platz für meine Ladung verfügbar ist und entsprechend meine Produktion darauf anpassen.“
In Ghana schloss sich Reimers mit Yayra Glover zusammen, der lange in der Schweiz gelebt hat und somit das europäische Schokoladengeschäft gut kennt. Der gebürtige Ghanaer bringt den Bauern in seiner Kooperative den Bio-Anbau bei. Das ist nicht nur nachhaltiger, sondern erzielt auch höhere Preise. Mit der Niche Cocoa Industry Ltd fand Reimers zudem einen Produzenten, der für ihn die Schokolade produzieren konnte. „Eigentlich stellt das Unternehmen nur Kakaomasse her, übernimmt also nur den ersten Verarbeitungsschritt. Schokoladentafeln fertigen sie exklusiv für uns“, so Reimers. „Da ich selbst zuvor kein Schokoladenexperte war, war es ein Learning-by-doing-Prozess. Doch ich finde, auf das Endprodukt können wir alle sehr stolz sein.“
Die ersten 100.000 Tafeln gingen dank einer Kickstarter-Kampagne, also einer Kampagne, bei der Reimers per Crowdfunding vorab Geld sammelte, Mitte 2016 in Produktion: eine Bitterschokolade mit 70 Prozent Kakaoanteil. Mittlerweile umfasst das Sortiment sieben Sorten, darunter auch ausgefallenere Geschmacksrichtungen wie Vollmilchschokolade mit Kakaonibs oder mit Fleur de Sel. „Unsere ersten Tafeln passten auf zwei Paletten und wirkten in dem 40-Fuß-Kühlcontainer etwas verloren“, erinnert sich Reimers.
Für fairafric ist neben fairen Produktions- und Arbeitsbedingungen vor allem Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema. „Eine der Herausforderungen in der Kommunikation war für uns, den zusätzlichen Energieaufwand durch den Transport in Kühlcontainern zu rechtfertigen“, erklärt Reimers. „Um dies und den weiteren CO2-Ausstoß entlang unserer gesamten Produktions- und Transportkette zu kompensieren, haben wir uns in diesem Jahr von NatureOffice zertifizieren lassen. Seitdem trägt unsere Schokolade das Siegel ‚klimaneutral‘.“ NatureOffice erhob dafür den CO2-Fußabdruck der gesamten Transportkette und gleicht ihn durch die Unterstützung eines Klimaschutzprojekts aus. Im Fall von fairafric sind es sogar zwei Projekte – eines in Ghana und eines im Nachbarland Togo.
„Was als Projekt gestartet ist, entwickelt sich immer weiter – fairafric bezahlt Erzeuger fair und schafft somit Perspektiven. Durch die Kooperation mit lokalen Anbietern sorgen wir für langfristige Arbeitsplätze, die ein Leben im Mittelstand ermöglichen“, so Reimers. „Das ist meine Motivation auch über die Schokolade hinaus. Langfristig kann ich mir gut vorstellen, in andere Lebensmittelbereiche wie Tee oder Kaffee nach diesen Prinzipien zu expandieren.“