Was er sich vom neuen Tiefwasserhafen in Tema verspricht und welches Potenzial er für den Aufbau von Feeder-Diensten sieht, erzählt Tim Philipps, Geschäftsführer bei Hapag-Lloyd Ghana in Tema im Interview.
Ghana gilt wegen seiner politischen Stabilität und Wirtschaftskraft als Leuchtturmland in Westafrika. Was sind die wichtigsten Import-/Exportgüter und Kunden für Hapag-Lloyd?
Auf der Exportseite ist Ghanas Kakaohandel sehr wichtig, hinzu kommen Kühlprodukte wie Bananen, Mangos, Ananas und Yamswurzeln. Unsere Kunden reichen von kleinen unabhängigen Kleinbauern bis hin zu größeren internationalen Rohstoffhändlern. Aus Fernost und Europa kommen viele Maschinen und Anlagen sowie fast alle Arten von Endprodukten nach Tema. Auch hier haben wir einen großen Anteil lokaler KMU, die Waren in kleinen Mengen importieren. Das bedeutet eine erhebliche Arbeitsbelastung für unsere CS-Importe.
Wie ist Ghana an das weltweite Hapag-Lloyd-Netzwerk angeschlossen?
Wir haben derzeit zwei Dienste in Tema. Unser West Africa Express Service (WAX) verbindet Antwerpen und Hamburg. Außerdem haben wir unseren Mediterranean West Africa Service (MWX) Tanger und Algeciras. Den WAX-Dienst bedienen fünf Schiffe mit einer Kapazität im Bereich von 2.800 TEU, im MWX-Dienst sind vier Schiffe mit einer Kapazität im Bereich von 4.200 TEU im Einsatz. Tema ist derzeit über unseren Transshipment-Hub in Tanger, Marokko, für ostgehende Fracht an das globale Hapag-Lloyd-Netzwerk angeschlossen sowie an Antwerpen in Nordeuropa für westgehende Fracht.
Warum ist Ghana außer Südafrika das einzige Land auf dem Kontinent mit eigenem Hapag-Lloyd-Büro?
Ich würde eher sagen, dass es das erste Land außerhalb von Südafrika mit eigenem Hapag-Lloyd-Büro ist. Afrika ist eine Schlüsselregion bei unserer Strategie 2023, und wir werden im weiteren Verlauf sicher noch andere Möglichkeiten prüfen. Wir schauen uns die Logistik an, um Ghana als operativen Hub für Westafrika aufzubauen. Seit 2006, als Hapag-Lloyd mit CPShips fusioniert ist, waren wir durch unabhängige Agenten vertreten, die einen großartigen Job gemacht haben. 2017 wurde jedoch klar, dass wir unseren Fußabdruck vergrößern mussten, und im Februar 2018 haben wir unser eigenes Büro eröffnet. Mitte März dieses Jahres sind wir in größere Räumlichkeiten umgezogen. Weil die Mengen bei unseren Port-to-Port- und Carrier-Haulage-Diensten ins Hinterland zunehmen, ist unsere Mitarbeiterzahl leicht gestiegen. Wir erwarten, dass sich das kurzfristig fortsetzt, sobald wir uns vollständig eingerichtet haben.
Das hängt mit dem neuen Containerterminal zusammen, das Ende Juni im Hafen Tema in Betrieb gehen soll. Inwieweit ist das ein Wachstumsmotor für Hapag-Lloyd?
Dies wird definitiv eine bahnbrechende Veränderung für Westafrika insgesamt sein. Für Hapag-Lloyd sehen wir jetzt enormes Potenzial, um endlich die Kapazität erhöhen und neue Gebiete in dieser Region erschließen zu können. Wir arbeiten seit einiger Zeit daran, in Afrika zu wachsen, und das neue Terminal wird uns das jetzt ermöglichen. Bislang konnten wir am alten Terminal nur 4.000- bis 5.000-TEU-Schiffe abfertigen, am neuen Terminal rechnen wir hingegen in den nächsten Jahren mit 14.000-TEU-Schiffen.
Tema hat eine ideale geographische Lage in der Mitte der wichtigsten westafrikanischen Häfen. Die Hafen-Range, die wir ins Auge fassen und die sich innerhalb einer einwöchigen Rundreise mit Feedern bedienen ließe, liegt zwischen Douala, Kamerun, im Osten und Conakry, Guinea, im Westen. Optimal wäre je ein wöchentlicher Feeder-Dienst Richtung Osten und Westen. Das könnte nächstes Jahr starten, wenn das neue Terminal seinen Betrieb hochfährt. Wir sind bereits mit den verschiedenen Terminalbetreibern in Westafrika im Gespräch, um die Verzahnung der Feeder-Fahrpläne für optimale Transhipment-Zeiten zu prüfen. Außerdem wollen wir angesichts der Überlastung in Tanger auch die Märkte im Nahen Osten und Indien über das Kap in Südafrika bedienen. Momentan überlegen wir, einen Dienst mit neun Schiffen hinzuzufügen, eventuell mit einem Partner für Westafrika, Südafrika, den Nahen Osten und indische Häfen.
Inwieweit werden Binnenländer wie Burkina Faso, Mali oder Niger über Tema bedient?
Bislang aus Hapag-Lloyd-Perspektive nur in begrenztem Umfang, das wird sich jedoch mit dem neuen Terminal maßgeblich ändern. Seit ein bis zwei Jahren ist der Hafen Tema mit seiner Kapazität von 1 Million TEU zu 90 Prozent ausgelastet, es gab keine Wachstumsmöglichkeiten. Deshalb lief viel Hinterlandverkehr für Burkina Faso über Abidjan in der Elfenbeinküste und für Mali über Dakar im Senegal. Dieses Jahr werden die Binnenländer in Tema in den Fokus rücken. Wir haben im Büro Ghana eine neue Position geschaffen, um das Hinterlandgeschäft auszubauen. Wir wollen einen lokalen Ansatz mit standardisiertem Service-Angebot.
Gibt es in Ghana auch Nischengeschäft für Hapag-Lloyd?
Ein Nischengeschäft, auf das wir uns konzentrieren und das in Ghana kontinuierlich wächst, ist der Bananenhandel. Durch die Erfahrung, die wir in diesem Bereich schon in anderen Häfen in Afrika gesammelt haben, können wir unseren Kunden detailliertes Know-how anbieten.
Welche Ziele verfolgt das Sales Team in Ghana?
Ein großer Teil der Exporte aus Ghana wird auf FOB-Basis („free on board“) von außerhalb des Landes gesteuert. FOB ist ein Begriff der Incoterms (International Commercial Terms / Internationale Handelsklauseln) zur Auslegung handelsüblicher Vertragsformeln im internationalen Warenhandel. Dabei sieht FOB vor, dass die Verantwortung für die Ware vom Verkäufer an den Käufer übergeht, sobald die Fracht an Bord gelangt. Unser Vertriebsteam konzentriert sich daher stark auf das CIF-Geschäft („Cost, Insurance, Freight“), das hauptsächlich von kleinen oder mittelständischen Unternehmen kommt. Gleichzeitig arbeitet das Sales Team eng mit unseren Kollegen in Übersee zusammen, um bestmögliche Ergebnisse bei FOB sicherzustellen.