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„Dank Hurrikan Irma konnte ich meine Vision in die Realität umsetzen“

Als im September 2017 der Wirbelsturm “Irma” über Florida hinweg zog, verlor Rob DePiazza alles. Ein alter Baum krachte in das Haus des Künstlers aus St. Augustine und machte es unbewohnbar. Doch statt aufzugeben, schöpfte De Piazza neue künstlerische Kraft aus dem Unglück und verwirklichte einen lang gehegten Traum: ein Haus aus Containern zu bauen.

Rob, Du hast nach dem Hurrikan „Irma“ beschlossen, Dein Haus wiederaufzubauen – aus ausgemusterten Containern. Wie kam es dazu?

Der Hurrikan hatte mein Haus, in dem ich 32 Jahre lang gelebt hatte, komplett zerstört. Kein Stein stand mehr auf dem anderen. Zufälligerweise arbeitete ich zu diesem Zeitpunkt gerade mit dem Architekten Stephen Bender aus Gainesville an einem Konzept für ein Atelier, das aus Containern gebaut werden sollte. Ich hatte mich daher schon mit dem Thema Container-Architektur auseinandergesetzt. Außerdem bin ich ein großer Fan der sehr geradlinigen neuen mexikanischen Architektur und fasziniert von den klaren Formen des Industriedesigns. Beide Elemente spiegeln sich im Container wider. Und da habe ich mir einfach gedacht: mein neues Haus baue ich aus Containern!

Das ist ganz schön mutig und sicherlich eine Herausforderung gewesen, gerade weil Container ja nicht gerade üblich sind als Baumaterial, oder?

Container aufzuschneiden, an anderen Stellen wieder zusammenschweißen, die Elektrik verlegen, eine Toilette einbauen…das ist schon ein wenig anders als bei einem normalen Hausbau. Da muss man oft erfinderisch und kreativ sein. Und wenn man das nicht selbst machen kann, ist es zudem sehr teuer. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich viele Handwerksbetriebe entweder nicht an das für sie wahrscheinlich ungewohnte Thema „Container“ heranwagen wollten oder sie überzogen teure Angebote gemacht haben. Auch eine Hausversicherung habe ich noch nicht gefunden. Wenn ich mit den Versicherern spreche, denken die meisten, ich wolle sie veräppeln. Sie können es sich einfach nicht vorstellen, dass man in einem Containerhaus wohnt (lacht).

Du hast also vieles selbst erledigt?

Ja, viele kleinere Dinge habe ich selbst oder mit Freunden erledigt. Für die etwas komplizierteren Arbeiten habe ich aber mit Fachfirmen zusammengearbeitet. Gerade wenn es um Strom, Statik und andere sicherheitsrelevante Dinge geht, sollte lieber ein Profi ran.

Bei einem Container denkt man ja erstmal nicht an gemütliches Wohnen. Wie lebt es sich in einem Haus aus Stahl?


Da das Haus ist noch nicht ganz fertig ist, kann ich es noch nicht genau sagen. Die Wohnräume, die aus fünf Containern bestehen, sind aber genauso isoliert und ausgestattet wie in einem gewöhnlichen Haus. Und was ich bisher so wahrgenommen habe, wird sich das Wohnen in den Containern nicht allzu sehr vom Wohnen in einem normalen Haus unterscheiden.

Wie viele Container hast Du insgesamt verbaut?

Zusammen sind es 9 große 40-Fuß Container. Zwei Container werden einen Workshopraum bilden, zwei Boxen sind als reine Stilelement verbaut und fünf Container mit einer Gesamtfläche von ca. 149 Quadratmetern bilden den Wohnraum.

Stichwort Upcycling. Aus alten Dingen etwas Neues schaffen ist gerade sehr in Mode, auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Hat das bei Dir auch eine Rolle gespielt?


Ehrlicherweise nein. Ich habe mir zunächst keine großen Gedanken über die Nachhaltigkeit meines Projektes gemacht. Das kam erst später, als über das Containerhaus auch in den Medien berichtet wurde und ich mich noch eingehender mit dem Containerhausbau beschäftigt habe. Mittlerweile gibt es ja zahlreiche Projekte auf der ganzen Welt, vom Studentenwohnheim über Hotels bis zum Luxusanwesen. Und wenn man sich vor Augen führt, dass mehr als 40 Millionen Container weltweit unterwegs sind und diese irgendwann ausrangiert werden, ist das ein riesiges Potenzial, um praktischen und relativ preiswerten Wohnraum zu schaffen. Gerade für Gemeinden bieten sich hier sicherlich viele Möglichkeiten.

Hast Du einen Tipp für all diejenigen, die vielleicht auch darüber nachdenken, ein Containerhaus zu bauen?

Die erste Frage, die ich von vielen Menschen gestellt bekommen habe war: was kostet das eigentlich? Das ist aus meiner Sicht aber nicht der entscheidende Punkt. Die Materialkosten machen an den Gesamtkosten den geringsten Anteil aus. Viel stärker schlagen die anderen Kosten für Elektrik, Anschlüsse, Küche etc. zu Buche. Im Endeffekt, wenn man nicht gerade in einem tiny house aus ein, zwei Containern leben möchte, kann so ein individuell gestaltetes Containerhaus fast genauso teuer wie ein normales Haus sein. Es ist also keine Frage des Preises, sondern eine viel grundsätzlichere Entscheidung: wie möchte ich wohnen? Da spielen dann ästhetische und architektonische Gesichtspunkte und natürlich auch der Nachhaltigkeitsaspekt eine große Rolle. Und wenn man mutig und kreativ ist, lassen sich ganz wunderbare, neue Wohnformen schaffen.

Eine letzte Frage: Du stehst kurz vor dem Abschluss Deines Projektes, wirst bald in Dein neues Zuhause einziehen. Gibt es Pläne für weitere Container-Häuser?

Die gibt es in der Tat! Ich besitze noch ein anderes Grundstück und denke darüber nach, auch dort ein Container-Haus zu bauen. Denn aus meinem ersten Bauvorhaben habe ich vor allem gelernt: beim Projektmanagement ist noch viel Luft nach oben! (lacht) Ein Container-Haus nach allen Regeln der Kunst hochzuziehen und das Ganze jetzt professionell anzugehen und mich weiter auszuprobieren, ist eine spannende Herausforderung!