Vor über 170 Jahren blieb die Franklin-Expedition im Packeis der Arktis stecken – mit verheerenden Folgen für die Teilnehmer. Heute fahren Kreuzfahrer regelmäßig auf Abenteuerreise ins Nordpolarmeer. Nach der Ankündigung der französischen Reederei CMA CGM, die Nordwestpassage aus ökologischen Gründen nicht zu befahren, wird das Thema auch in der Containerschifffahrt wieder heiß diskutiert. Wie steht Hapag-Lloyd zu einer möglichen Route durch die Arktis? Wir haben Jörg Erdmann, Senior Director Sustainability bei Hapag-Lloyd, gefragt.
F: Das Meereis in der Arktis schrumpft, die Nordost- und die Nordwestpassage sind im Sommer bereits eisfrei. Was bedeutet das für die Containerschifffahrt?
Die Bedeutung für die Containerschifffahrt ist nach wie vor sehr überschaubar, denn das Zeitfenster für die Schiffbarkeit in dieser Region ist bisher vergleichsweise gering, weshalb eine regelmäßige Nutzung derzeit eher schwierig wäre. Da Containerschiffe im Liniendienst unterwegs sind, muss außerdem der wirtschaftliche Nutzen von Distanzvorteilen durch die Nordwest- und Nordostpassage kritisch hinterfragt werden, auch unter Berücksichtigung des Tiefgangs größerer Schiffe oder der Tatsache, dass Schiffe entsprechende Eisklassen haben sollten. Insgesamt muss dies unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten also sehr sorgfältig abgewogen werden – deshalb analysieren wir solche Themen immer sehr genau.
F: Wie ist die Arktis politisch reguliert? (Umweltvorschriften, Vgl. zur Antarktis?)
Auf internationaler Ebene ist beispielsweise der Arktische Rat zu nennen, der 1996 gegründet wurde und als zwischenstaatliches Forum agiert. Dieses Forum initiiert Entwicklungs- und Forschungsprojekte, die sich unter anderem auf den Verkehrsbereich beziehen. Im Rat engagieren sich arktische Anrainerstaaten ebenso wie Vertreter von indigenen Völkern, die in der Region leben. Der Rat koordiniert zudem zahlreiche Umweltinitiativen wie zum Beispiel das Arctic Contaminants Action Program (ACAP) oder die Conservation of Arctic Flora and Fauna (CAFF). Darüber hinaus gibt es viele kleinere Gruppierungen, die wirtschaftliche, politische oder auch nautische Schwerpunkte in der Arktis haben sowie zahlreiche nationale Vorschriften der Anrainerstaaten mit teils ganz individuellen Regelungen.
F: Die französische Reederei CMA CGM will die Nordwestpassage nicht befahren, ein Schiff von Maersk hat diese bereits 2018 erfolgreich passiert. Wird Hapag-Lloyd künftig durch die Nordwest- oder die Nordostpassage fahren?
Hapag-Lloyd nutzt die Nordwest- und Nordostpassage derzeit nicht als Schifffahrtsroute und es gibt zurzeit auch keine entsprechenden Pläne dafür. Die Partikel, die durch die Verbrennung von kohlenstoffbasierten Fossilien und Treibstoffen entstehen, tragen zur Erderwärmung bei. Dies kann Ökosysteme gefährden und solange nicht sichergestellt ist, dass diese Passagen ohne entsprechende Umweltauswirkungen genutzt werden können, kommen diese für Hapag-Lloyd auch nicht in Frage.