Yangshan Phase 4 ist der größte vollautomatisierte Terminal der Welt. Er soll Shanghai helfen, das internationale Zentrum für die Schifffahrt zu werden. Ein Besuch vor Ort.
Etwa eine halbe Stunde dauert die Autofahrt über die sechsspurige Donghai Brücke zum Yangshan Hafen. Sie gehört zu den längsten Überseebrücken der Welt – ein imposantes Bauwerk, das auf dem Weg zum Pudong Flughafen gut aus der Luft zu erkennen ist. Und während das Auto quasi über das Meer fährt, sorgt sich auch so manches Navigationsgerät und warnt: Sofort umdrehen, Sie befinden sich im Wasser.
Südlich vor den Toren der Stadt hat die Shanghai International Port Group (SIPG) 2001 angefangen, die Inseln Great und Lesser Yangshan aufzuschütten, um vier neue Terminals zu bauen. Der neueste Terminal, Yangshan Phase 4 (YSH4) eröffnete im Dezember 2017 und ist der größte und fortschrittlichste automatisierte Terminal der Welt. Im ersten Jahr hat er bereits mehr als zwei Millionen TEU umgeschlagen. Dieses Jahr strebt SIPG 3.2 Millionen TEU an. Damit ist das Maximum jedoch noch lange nicht erreicht.
YSH4 ist jedoch nicht nur in puncto Technologie fortschrittlich – SIPG hat sich das Ziel gesetzt, smarte, umweltfreundliche Häfen zu bauen. Dementsprechend ist YSH4 nicht nur effizient konzipiert bezüglich der automatisierten Abläufe, sondern auch seines Energieverbrauchs.
„Yangshan Phase 4 ist ein wichtiges Symbol für Chinas Bestreben, sich dem Weltmarkt zu öffnen“, erzählt Wang Jun, Operation Manager des Yangshan Phase 4. „Er ermöglicht eine effiziente Abfertigung der Schiffe, ist in das Netzwerk der Seidenstraße integriert und ist leicht für Großcontainerschiffe zugänglich.“
Der Hafen liegt etwa 30 Kilometer außerhalb der Stadt, quasi mitten im Meer und bietet daher eine Wassertiefe von 15 Metern. Nach Umschlag gemessen ist Shanghai bereits jetzt der weltweit größte Hafen. Durch den Tiefseehafen hoffen die Chinesen darüber hinaus, Singapur langfristig als wichtigsten internationalen Transshipment-Hafen in Asien abzulösen.
Nicht nur die Hardware, also die Kräne und automatisierten Kraftfahrzeuge sind „made in China“ – sie wurden von der Shanghai Zhenhua Heavy Industries Company entwickelt und hergestellt. Auch die Software ist komplett inhouse entstanden.
16 Containerbrücken, 88 Automatikstapelkräne, 80 automatisierte Kraftfahrzeuge, vier elektronische Portalkräne – das sind die Eckdaten von YSH4. Was spektakulär klingt, sieht in der Realität fast trist aus: Der Terminal ist quasi menschenleer. Ein paar vereinzelte Arbeiter sieht man bei den angelegten Schiffen sowie LKW-Fahrer. Auch deren Empfangnahme von Containern verläuft komplett automatisiert: Per Chipkarte melden sie sich bei einem Scanner am Eingang des Terminals an. Dieser liest die darauf enthaltenen Daten aus und nennt dem Fahrer die Abholstelle, wo der gewünschte Container per automatisiertem Kraftfahrzeug hingebracht wird. Für einen reibungslosen Ablauf sorgen die 60.000 Sender, die im Boden eingelassen sind.
Die Hauptarbeit wird im Tower erledigt: Dort sitzen etwa 16 Kranführer. Mit je einem Joystick in der Hand sitzen sie vor sechs großen Bildschirmen. Darauf zu sehen sind die Container aus Perspektive des Krans, also von oben sowie von der Seite. Nur wenige Stauer arbeiten unter den Kränen. Ihre Hauptaufgabe ist es, die so genannten Twistlocks, also die Verriegelungen, die die Container miteinander verbinden, sicher aufzusetzen. Heißt: Nur der allerletzte Schritt wird hier manuell gemacht. In Zukunft wird jedoch auch diese Aufgabe höchst wahrscheinlich automatisiert.
Um sich selbst ein Urteil zu bilden, besuchte Xi Jinping, Staatspräsident der Volksrepublik China Anfang des Jahres den Terminal. Sein Fazit fiel positiv aus: Die Anzahl der Maschinen soll bis 2021 verdoppelt werden. Damit wird die Kapazität des Terminals auf sieben Millionen TEU wachsen.