Protein statt Promille: Die beiden ehemaligen Hapag-Lloyd-Auszubildenden Tristan Brümmer und Erik Dimter verkaufen mit Erfolg ein alkoholfreies Eiweißbier, das den Muskelaufbau fördert und auch noch gut schmeckt. Sie verschiffen ihr Proteinbier mit Hapag-Lloyd in mittlerweile elf Länder. Und setzen an zum großen Sprung.
Es ist das Traumziel aller Jungs: ein Sixpack. Damit gemeint ist aber nicht ein Sechserpack Bier aus dem Supermarkt, sondern die sechs kleinen Bauchmuskeln. Die sind beim Baden aber nur zu sehen, wenn sie viel trainiert werden – und sich die Sportler eiweißreich ernähren. Auch Tristan Brümmer (24) und Erik Dimter (25) waren früh von Krafttraining fasziniert. Und die beiden ehemaligen Auszubildenden bei Hapag-Lloyd haben Bier und Bodybuilding gewinnbringend kombiniert.
Vor vier Jahren haben die beiden Hamburger ein alkoholfreies Bier für Sportler kreiert, die keine Eiweißdrinks mehr schlucken wollen. Das Kraftbier enthält 21 Gramm Eiweiß und einige Aminosäuren, und die 0,33 Liter Flasche kostet in Deutschland 2,50 Euro. Das alkoholfreie Bier schmeckt Bodybuildern - und mit der ganz neuen Geschmacksrichtung Grapefruit mittlerweile auch Kundinnen. Aber auch die hart gestählten Soldaten der US-Armee in Europa lieben JoyBräu. Deswegen bereiten sich die beiden Gründer gerade strategisch darauf vor, den US-Markt zu erobern – via Einkesselung.
Die Hamburger haben in ihrer Ausbildungszeit sehr früh gelernt international zu denken. „Durch einen Auslandsaufenthalt, der Teil des dualen Studiums war, haben wir interkulturelles Denken und Arbeiten gelernt und erfahren dürfen, wie wichtig es ist über den Tellerrand hinaus zu schauen", sagt Brümmer. Und sie haben früh gelernt, „dass wir als Querdenker Freiraum in unserem Job benötigen." Davon profitiert ihr Startup derzeit enorm. „Wir haben in unserem Unternehmen flache Hierarchien und innovative Ansätze für den Arbeitsalltag aufgesetzt und können so Projekte extrem schnell und effizient umsetzen. Den Grundstein für diese Denkansätze hat unsere Tätigkeit bei Hapag-Lloyd gelegt."
Die ersten Container mit Bier hat Hapag-Lloyd bereits nach Mexiko transportiert. Im August ging der erste Container nach Indien. „Als bevölkerungsreichstes Land der Welt mit aufstrebendem Fitnessmarkt sehen wir hier ein enormes Potenzial“, sagt Tristan Brümmer. Geplantes Volumen für 2020 ist ein 40‘ Container pro Monat.
Demnächst gehen die ersten vier vollgepackten Bier-Container für einen breit angelegten Markttest nach Kanada. „Die Kanadier sind sehr sportaffin“, weiß Erik Dimter. Importeur und Vertriebspartner ist der große US-Sportnahrungsspezialist GNC. Und die Amerikaner aus Pittsburgh haben wiederum sehr gute Kontakte zum US-Supermarktriesen Walmart. Bis in deren Regale sind laut Tristan Brümmer aber noch „einige regulatorische Hürden zu überwinden.“
Wie das gehen könnte, haben die beiden bereits vor einiger Zeit in Deutschland durchexerziert. Denn ihnen ist es mit viel Ausdauer gelungen, die hohen bürokratischen Hürden der US-Armee zu überwinden und den Lieferantenstatus zu bekommen. „Derzeit liefern wir in 16 Kasernen in ganz Europa.“ Eher durch Zufall hatten die beiden auf einem Sportevent in Frankfurt/Main erste Kontakte zu Armeeangehörigen knüpfen können. Diese waren vor allem auf die bislang weltweit einzigartige Kombi Bier/Eiweiß/alkoholfrei aufmerksam geworden. „Denn die Soldaten dürfen während in ihrer Einsatzbereitschaft zwar im Kraftraum trainieren, aber keinen Alkohol trinken“, sagt Erik Dimter.
Gebraut wird JoyBräu nur unweit der US-Kasernen in der Privatbrauerei Bischoff in Winnweiler (Rheinland-Pfalz). Die Idee hatten Dimter und Brümmer und letztlich entwickelt worden ist das Getränk in ihrem Auftrag im Fachbereich Brauwesen der Technischen Universität Berlin. „Basierend auf den in einer Malzwürze vorhandenen, ernährungsphysiologisch wertvollen Inhaltsstoffen sollte das entwickelte Fitnessgetränk alle von Natur aus positiven Eigenschaften eines alkoholfreien Bieres mit den speziellen Eigenschaften der für den Kraftsport förderlichen Aminosäuren vereinen“, skizziert Projektleiter Thomas Kunz die Anforderungen der beiden Jungunternehmer.
Schon in ihrer Ausbildungszeit bei Hapag-Lloyd hatten die beiden viel Zeit und Geld in ihr Bierprojekt gesteckt. „Die Produktentwicklung allein hat zweieinhalb Jahre gedauert. Und erst als das Produkt, unser Proteinbier, so weit war, dass wir wussten, wir werden im nächsten halben Jahr auf den Markt kommen, da haben Erik und ich gekündigt“, sagt Tristan Brümmer.
Bei der Brauerei Bischoff gibt es laut Erik Dimter derzeit auch noch genug Kapazitäten für viele weitere Hektoliter JoyBräu. Aber auch erste Anfragen von Nahrungsergänzungsmittelherstellern aus den Ausland gab es bereits, ob sie das Getränk im eigenen Land in Lizenz brauen dürften. Ebenso wie „zum Glück erfolglose Versuche, unser Bier zu kopieren“, sagt Erik Dimter lachend. Gebraut werden soll auch künftig ausschließlich in Deutschland. Exportiert wird das Getränk bereits in elf Länder, darunter Russland und Singapur. Und die Nachfrage wächst.
Vor allem das schnelle Wachstum und die vielen verschiedenen Vertriebswege in Deutschland gut zu managen ist derzeit die größte Herausforderung für die beiden Gründer. „Wir vertreiben Online, sind bei Amazon, aber seit Anfang des Jahres auch in vielen Supermärkten in Norddeutschland erhältlich“. Weitere werden folgen, 200 sollen es werden. Wir haben derzeit viele Vertriebskanäle, „da muss man manchmal schon aufpassen, dass man sich nicht verläuft“, scherzt Erik Dimter
Mittlerweile gibt es JoyBräu in Hamburg in fast jedem REWE-Markt, einer der größten deutschen Supermarktketten. Es steht da aber nicht im Bierregal, sondern bei den Proteinriegeln und Nahrungsergänzungsmitteln. „Die werden auch in den Supermärkten derzeit stark nachgefragt“, weiß Tristan Brümmer. Das gehört mittlerweile für viele Menschen zum Lifestyle. Wohl auch deshalb wurde das Proteinbier im vergangenen Jahre zum innovativsten Fitnessprodukt des Jahres gekürt.