Sie fahren Containerschiffe, transportieren Waren und haben stets das Wetter im Blick. Die Wachoffiziere unseres Ausbildungsschiffs „Chicago Express“ sind jedoch in einer zusätzlichen Mission unterwegs. Für die Forschung sammeln sie Daten über den Klimazustand des Atlantiks.
Wie ein kleiner Mini-Torpedo sieht die Mess-Sonde aus, die der diensthabende Wachoffizier von der Brücke ins Meer herablässt. Alle vier Stunden wird diese Sonde ins Wasser gelassen, um Wassertemperatur und Wassertiefen zu messen. Die Sonde ist mit Temperatur- und Drucksensoren ausgestattet und mit einem speziellen Computergerät synchronisiert, über das unsere Crew sämtliche Daten in Echtzeit an die NOAA – die Wetterbehörde der USA – übermittelt. Aktuelle Daten sind entscheidend für eine zuverlässige Wettervorhersage und Klimaforschung. Vor der Messung gibt der zuständige Wachoffizier die aktuellen Schiffsparameter wie Kurs und Strömungsgeschwindigkeit in den Computer ein.
Handelsschiffe sammeln verlässliche und regelmäßige Daten
„Als Handelsschiff bieten wir den Wissenschaftlern einen großen Vorteil“, sagt Kapitän Clemens Heinrich. „Da wir auf unseren festen Routen regelmäßig an denselben Stellen vorbeifahren, liefern wir eine kontinuierliche Datensammlung ab.“ Das ist in Zeiten der Corona-Pandemie und Kontaktbeschränkungen besonders wertvoll und eine verantwortungsvolle Aufgabe. Denn wohingegen die Wissenschaftler vorher gelegentlich an Bord mitgefahren sind und bei den Messungen dabei waren, müssen die Mitarbeiter von Hapag-Lloyd aktuell die Tests alleine durchführen.
„Für uns ist das kein großer Mehraufwand, aber es macht die Fülle an Aufgaben auf unserem Ausbildungsschiff noch interessanter“, erklärt Clemens Heinrich, der seit September 2020 erstmals die „Chicago Express“ auf ihrer Trans-Atlantik-Route steuert. „Die Tests führen wir auf allen längeren Seereisen durch. Auf dem Mittelmeer macht es zum Beispiel keinen Sinn, da ist die Strecke zwischen den Häfen zu kurz.“
Die 335 Meter lange „Chicago Express“ fährt regelmäßig zwischen Europa und den USA und dient Hapag-Lloyd als Ausbildungsschiff. Daher ist die 36-kopf-starke Crew größer als auf gewöhnlichen Containerschiffen in dieser Klasse. Das Schiff hat ein zusätzliches Deck für die Kammern der Nachwuchs-Besatzung. Insgesamt lernen momentan 13 Auszubildende an Bord verschiedene Aufgaben. „Mit dem Sammeln von Klima- und Wetterdaten schärfen wir unter den Auszubildenden nebenbei das Bewusstsein für Klima, Ozean und Umwelt“, sagt Clemens Heinrich. „Für uns ist es ein schönes Gefühl auch noch für einen guten Zweck im Einsatz zu sein und obendrein ist das Mess-Verfahren auch aus technologischem Gesichtspunkt sehr interessant.“
Im Hafen von Miami, den die „Chicago Express“ in wenigen Tagen anläuft, erhält die Crew dann sogar Besuch der NOAA-Wissenschaftler persönlich: Neue Mess-Sonden werden überreicht und das Mess-Prozedere soll um das Argo-Programm erweitert werden. Argo ist das weltweite Beobachtungsverfahren des Seewetters, das per Miniroboter auf Treibbojen misst.
Weitere Informationen zur Wetterbeobachtung und zum Argo-Programm:
https://www.aoml.noaa.gov/phod/argo/index.php