Eine moderne und umfangreiche Flotte von Containerschiffen ist entscheidend, damit wir bei Hapag-Lloyd unserem Unternehmenswert „We Deliver.“ gerecht werden können. Deshalb haben wir insgesamt 12 neue 23.500+ TEU Schiffe bestellt. Lutz-Michael Dyck ist Senior Director Strategic Asset Projects bei Hapag-Lloyd. Im Interview erzählt er, wie es mit dem Bauprozess der Containerschiffe vorangeht, was an ihnen besonders ist und welche Auswirkungen die COVID-19-Pandemie auf den Bauplan hatte.
Lutz-Michael, die Bestellung von 23.500+ TEU Schiffen markiert ein neues Kapitel für Hapag-Lloyd, denn es handelt sich um Ultra Large Container Vessel, die zu den größten Schiffen der Welt gehören werden. Wie läuft der Bau dieser Schiffe bisher?
Sie werden gegenwärtig in Südkorea gebaut, und wir erwarten, dass die ersten Schiffe schon 2023 einsatzbereit sind. Das erste Schiff wird voraussichtlich am 30. April 2023 ausgeliefert, das letzte der insgesamt 12 Schiffe wird uns am 31. Dezember 2024 ausgehändigt. Am 27. Dezember wurde die erste Stahlplatte für den Bau des ersten Schiffs geschnitten, und es wurde bereits mit dem Bau von Blöcken begonnen, aus denen das Schiff später zusammengesetzt wird. Die Kiellegung des ersten Schiffs im Dock ist für den 22. August 2022 geplant.
Handelt es sich bei den Schiffen um Dual-Fuel-Schiffe?
Ja, bei den Schiffen handelt es sich um die ersten Neubauten von Hapag-Lloyd, die von Anfang an als Dual-Fuel-Schiffe ausgerüstet werden – das heißt, sie können sowohl mit herkömmlichem Treibstoff als auch mit Liquified Natural Gas (LNG) betrieben werden. LNG kann dabei sowohl für den Betrieb der Hauptmaschine als auch für Hilfsmaschinen und Kessel eingesetzt werden.
Im Vergleich zu herkömmlichen Kraftstoffen stellt LNG völlig neue Anforderungen an Lagerung und Handling, und wir benötigen viel zusätzliches Equipment. So beträgt die Lagertemperatur von LNG im Tank beispielsweise zirka -160 °C. Für den Betrieb der Maschinen muss das LNG verdampft werden, für die Hauptmaschine ist zudem ein hoher Druck von 300 bar erforderlich. Es gibt auch andere Sicherheitsaspekte – denn die Anforderungen sind bei LGN-Systemen wesentlich höher. Das ist alles noch neu für uns. Dank des Retrofit der Brussels Express haben wir für Motoren mit Dual-Fuel-Technologie aber schon einige Erfahrungen gesammelt. Auch wenn der Tank dort anders ist, ist die Hauptmaschine prinzipiell gleich – ein MAN-Motor mit Hochdrucksystem. Wir haben uns für diese Art von Motor entschieden, weil der so genannte „Methan Slip“ geringer ist als bei einem Niedrigdrucksystem. Damit werden wir auch den erhöhten Umweltanforderungen besser gerecht.
Dies ist bereits ein Schritt in die richtige Richtung. In Zukunft wollen wir unsere Schiffe aber verstärkt mit CO2-neutralem SNG oder Bio-Gas betreiben.
Stellt der LNG-Tank besondere Anforderungen an den Bau des Schiffes und die zeitliche Planung?
Der LNG-Tank ist nicht wie bei üblichen Kraftstofftanks Teil der Blockbauweise – er wird an anderer Stelle gebaut. Für den Bau der Tanks für das erste Schiff wurde mehr Zeit eingeplant. Es handelt sich um ein weltweites Pilotprojekt, denn der Typ B Tank wird aus Stahl mit einem besonders hohen Mangan-Anteil gefertigt. Deshalb benötigen die Schweißer eine spezielle Ausbildung. 200 Schweißer mussten also erst einmal geschult werden – das erfordert natürlich einen gewissen Vorlauf. Trotzdem konnte der Bau früher beginnen als wir prognostiziert haben.
Es handelt sich bei den neuen Schiffen ja um so genannte Großschiffe. Wie viel größer sind diese im Vergleich zu unseren Schiffen der A18 Klasse?
Mit einer Länge von zirka 400 Metern sind die neuen Schiffe nicht länger als die Schiffe der A18 Klasse, sie sind jedoch breiter. Die Breite der neuen Schiffe beträgt 61,0 Meter im Vergleich zu den 58,6 Metern der A18 Klasse – das ermöglicht es uns, die Schiffe mit 23.660 Containern zu beladen.
Wissen Sie schon, welche Namen die Schiffe tragen werden?
Für die ersten sechs Schiffe haben wir uns bereits auf Namen festgelegt: Singapore Express, Manila Express, Bangkok Express, Mumbai Express, Busan Express und Hanoi Express.
Haben wir neben den 23.500+ TEU Schiffen noch weitere Schiffe bestellt?
Ja, wir haben 5 (3+2) weitere Schiffe bestellt. Diese können mit zirka 13.000 Containern beladen werden. Sie sind nicht mit Dual-Fuel Motoren ausgestattet. Es handelt sich um fünf State-of-the-Art, Vollcontainer-Schiffe, die mit Scrubbern ausgerüstet sind und in Südkorea und China gebaut werden. Das erste Schiff wird am 31. August 2023 in Südkorea ausgeliefert.
Asien war stark von der COVID-19 Pandemie betroffen. Hatte dies Auswirkungen auf den Bauplan der Schiffe?
Obwohl Asien sehr unter der Pandemie gelitten hat, war Südkorea weniger stark betroffen als andere Länder auf dem Kontinent. Südkorea setzt sehr strenge Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus um. Bei der Einreise in das Land muss jeder eine App installieren, die es den entsprechenden Behörden ermöglicht, den Aufenthalt zu tracken. Zudem ist es Pflicht, jeden Tag einen Gesundheitscheck durchzuführen und diesen an die Behörden zu senden. Solche Maßnahmen wären in vielen anderen Ländern nicht denkbar, da sie eine Einschränkung des Datenschutzes bedeuten würden. Was die Eindämmung des Corona-Virus angeht, ist Südkorea mit dieser Vorgehensweise jedoch recht erfolgreich und hat die Auswirkungen von COVID-19 sehr gut im Griff. Die strengen Maßnahmen machen es allerdings schwieriger, unsere Kolleginnen und Kollegen für Meetings vor Ort nach Südkorea zu schicken. Zurzeit müssen alle Einreisenden erst einmal für zehn Tage in Quarantäne.
Die geringen Infektionszahlen in Südkorea haben allerdings dafür gesorgt, dass der Baufortschritt bis jetzt nicht von der Pandemie beeinflusst wurde. Einzig das verspätete Eintreffen von Equipment aus dem Ausland könnte eine Hürde sein – bisher haben wir aber auch in dieser Hinsicht keinerlei Schwierigkeiten gehabt. Zudem haben wir durch die hohe Anzahl an Lieferungen, die wir für mehrere Schiffe erhalten, immer die Möglichkeit zu reagieren und umzudisponieren – sie sind nämlich alle baugleich. Wenn der Bau des ersten Schiffes reibungslos verläuft, bin ich sehr zuversichtlich, dass es bei den anderen ebenfalls keine Verzögerungen geben sollte.
Über Lutz-Michael Dyck
Lutz-Michael Dyck ist seit 1991 bei Hapag-Lloyd. Er ist Diplomingenieur für Schiffsbetriebstechnik. Bei Hapag-Lloyd hat er sein Zweitpatent gemacht. Lutz-Michael Dyck ist in verschiedenen Positionen, zuletzt als Chief mit Doppelpatent, für Hapag-Lloyd gefahren. Im Jahr 1997 ist er an Land gegangen und war dort zuerst als Superintendent für Hapag-Lloyd Kreuzfahrten tätig. Nach anderthalb Jahren wechselt er ins Schiffsmanagement. Während seiner Zeit bei Hapag-Lloyd hat er insgesamt zweieinhalb Jahre in Südkorea gearbeitet – 1992 bis 1993 und noch einmal von 2000 bis 2002. Seit Ende 2004 war er Leiter des technischen Fleet Managements in Hamburg und seit knapp zwei Jahren leitet er die Abteilung Strategic Asset Projects.