Lara Marie Habedank hat nicht lange überlegt, als sie gefragt wurde, ob sie bei der Jungfernfahrt der "Berlin Express" als nautische Wachoffizierin zur Crew gehören möchte. In unserem Interview der Woche haben wir die 27-Jährige gefragt, wie ihr das Schiff gefällt, was das Besondere an der ersten Fahrt ist und ob sie sich schon auf die Taufe am 2. Oktober in Hamburg freut.
Was hast du gedacht, als du hörtest, dass du als Besatzungsmitglied die Berlin Express abholen wirst?
Als ich gefragt wurde, ob ich Ende Mai als Nautische Wachoffizierin auf der neuen Berlin Express einsteigen und diese mit aus der Werft in Südkorea abholen möchte, habe ich mich sehr gefreut. Die Chance, einen Neubau mit in den Dienst zu stellen, hat man nicht oft. Mir war klar, dass dieser Einsatz viele neue Aufgaben, Erfahrungen und Herausforderungen mit sich bringen wird. Diese Erfahrung möchte ich nicht missen.
Wie erlebst du das Schiff auf der Jungfernfahrt?
Da ich bereits während des Gas Trials an Bord war, hatte ich die Chance, mich mit der Brücke vertraut zu machen, bevor ich das erste Mal allein die Brückenwache gegangen bin. Das war wirklich hilfreich mit Blick auf das Handling und die Manövrierfähigkeiten des Schiffes. Außerdem konnte ich mich bereits mit dem neuen Equipment und der dazugehörigen Geräuschkulisse vertraut machen.
Als Wachoffizier/in hat man verschiedene Zuständigkeitsbereiche, die unterschiedliche Perspektiven auf das Schiff bieten. Ich bin als Safety Deputy eingeteilt, wodurch ich neben der Brückenwache viel Zeit an Deck verbringe. Dabei geht es grundsätzlich darum, alles an Sicherheitsausrüstung in Schuss zu halten. Auf dem Neubau muss natürlich erst einmal alles auf Basis der Vorgaben und Pläne eingerichtet, getestet und kontrolliert werden. Außerdem sind wir Wachoffiziere beim An- und Ablegen auf den Manöverstationen eingeteilt, um das Leinenhandling zu arrangieren. Im Hafen angekommen geht es dann mit der Ladungswache weiter. Diese beinhaltet das Kontrollieren der Ladungsoperationen. Dazu gehört unter anderem das An- und Abschlagen sowie die Kontrolle der Reefer, der Gefahrgutcontainer und mit Fertigstellung auch die Kontrolle von Twistlocks und Lashing. Darüber hinaus bin ich als Medical Officer gemeinsam mit dem Kapitän für das Bordhospital zuständig, das ebenfalls noch eingerichtet und ausgestattet werden musste.
Dann bist du ja fast überall auf dem Schiff im Einsatz – außer in der Maschine?
Ich bin in vielen Bereichen mit verantwortlich, auch für das vorhandene Safety Equipment in der Maschine. Viele für uns weniger sichtbare Aufgaben im administrativen Bereich liegen im Zuständigkeitsbereich des Bordmanagements. Was man auf jeden Fall sagen kann: Mit der neuen Schiffsgröße werden die Wege länger, wir müssen uns um mehr Material kümmern und die Aufgaben nehmen mehr Zeit in Anspruch. Um meiner Aufgabe gerecht zu werden, bekomme ich daher viel praktische Unterstützung durch den Bootsmann und unsere Matrosen.
Wichtig ist, dass ihr euch als Besatzung an Bord wohlfühlt. Was fehlt dir noch?
Grundsätzlich ist der gegenseitige respektvolle Umgang besonders wichtig. Wenn der Umgang, die Kommunikation, das Essen und die Sauberkeit stimmen, hat man schon vieles gewonnen. Das ist hier an Bord ohne Frage gegeben. Bei der aktuellen Hafenfolge und den anstehenden Aufgaben erfüllt man definitiv sein Soll, was die Bewegung angeht. Dennoch freue ich mich an Bord aber immer über ein gut ausgestattetes Gym. Dieses nutze ich gern auch gemeinsamen mit den Kollegen. Eine Tischtennisplatte und die obligatorische Karaoke-Anlage haben wir bereits an Bord.
Wie wichtig ist dir eine nachhaltige Schifffahrt?
Mir ist Nachhaltigkeit im Allgemeinen sehr wichtig. Dabei spielt die Weiterentwicklung der Technologien eine entscheidende Rolle. Damit die Forschung im Bereich der Schifffahrt weiter vorangetrieben wird, müssen vor allem die großen Reedereien in neue Technologien investieren. Dieser Verantwortung ist Hapag-Lloyd mit der Bestellung unserer zwölf Neubauten mit Dual-Fuel-Antrieb nachgekommen. Dies ist jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg zur emissionsfreien Schifffahrt. Ich bin gespannt, wie unser Unternehmen und die gesamte Schifffahrt das mittelfristige Ziel „Zero Emissions“ umsetzen wird. Ich bin davon überzeugt, dass Hapag-Lloyd hier auch in Zukunft eine führende Rolle einnehmen wird.
Wie ist es für dich als Seefrau? In dieser Crew bist du die einzige Frau...
Bis du mir diese Frage gestellt hast, habe ich diese Reise noch nicht darüber nachgedacht, dass ich die einzige Frau an Bord bin. Das ist für mich kein großes Thema, wobei wir hier auch wieder bei dem gegenseitigen Respekt sind. Ich denke bei Hapag-Lloyd gehört es bereits zum normalen Bordbetrieb, dass Frauen an Bord sind. Wir werden hier vollkommen gleichberechtigt behandelt. Oft werden auch zwei Frauen gleichzeitig auf einem Schiff eingesetzt. Das ist dann immer besonders nett.
Freust du dich schon auf den Erstanlauf und die Taufe in Hamburg?
Da ich aus Brunsbüttel in Schleswig-Holstein komme, freue ich mich immer ganz besonders, nach Hamburg und damit nach Hause zu kommen. Dann weiß ich, dass meine Familie in Brunsbüttel und dann später noch einmal in Wedel an der Elbe steht und auf mich wartet. Ohne Frage ist dieser Hafenanlauf mit der Berlin Express auf dem Weg in ihren Heimathafen und zu ihrer Taufe etwas ganz Besonderes. Dieses Mal werden in Hamburg sicherlich auch viele Schaulustige nach unserem neuen Schiff Ausschau halten.
Wie kommst du dazu, zur See zu fahren?
Meine Entscheidung zur See zu fahren, kam schleichend. In meiner Familie ist niemand zur See gefahren. Mein Vater ist zwar beruflich auch oft monatelang im Ausland unterwegs, aber nicht als Seemann. Ich bin an der Elbe groß geworden und über eine Projektwoche zum Segeln gekommen. Die Verbundenheit zum Wasser war also schon immer da. Nach dem Abitur habe ich mich zunächst für eine Ausbildung zur Schifffahrtskauffrau entschieden. Durch den häufigen Kontakt mit den Seeleuten und der Schifffahrt im Allgemeinen, habe ich mich nach der Ausbildung entschieden, zur See zu fahren, und würde es wieder so machen. Nur der Tägliche Hafenbericht (THB) fehlt mir an Bord gelegentlich. Studiert habe ich dann in Flensburg und anchließend habe ich im Oktober 2021 als Nautische Wachoffizierin bei Hapag-Lloyd angefangen.
Liebe Lara, herzlichen Dank für das Gespräch.