Sie gleichen sich, wie ein Ei dem anderen. Piet und Harm Gevers sind einiige Zwillinge. Auf Babyfotos können sie sich selbst nicht unterscheiden. Auch ihre Interessen scheinen auf den ersten Blick deckungsgleich: Beide machen gerade bei Hapag-Lloyd eine Ausbildung, beide lieben die Seefahrt und segeln seit ihrer frühen Jugend. Aber damit hört die Gleichartigkeit auf: Piet hat sich für einen klassischen Bürojob entschieden und lernt Schifffahrtskaufmann in der Konzernzentrale am Ballindamm. Harm zieht es zur See: Er fährt als Schiffsmechaniker auf unseren Schiffen um die Welt. In unserem Gespräch mit den beiden, haben wir versucht zu verstehen, wie unterschiedlich Zwillinge sein können und dabei gelernt, wie die gemeinsame Liebe zum Meer ganz verschieden gelebt werden kann.
Harm ist der Ältere. Er kam eine Minute vor Piet auf die Welt. Und wenn man genau hinschaut, sieht man bei den heute 21-Jährigen doch ein paar Dinge, an denen man sie unterscheiden könnte. So ist Piet schmaler, Harm hat mehr Locken und man sieht ihm seinen Faible für handwerkliche Tätigkeiten an. Das kann aber auch an seinem Overall liegen, den er für unser Gespräch angezogen hat und den er als Schiffsmechaniker immer an Bord trägt.
Früher war es tatsächlich so, dass selbst ihre Eltern manchmal Probleme hatten, sie zu unterscheiden. Aber sie waren nie die Zwillinge, die immer alles zusammen machten und sogar die gleichen Klamotten trugen. „Das fanden wir kindisch und albern“, meint Piet. Aber es wären nicht zwei gewitzte Jungs, wenn sie diesen Zwillings-Vorteil nie für sich genutzt hätten. Wie zum Beispiel in der 10. Klasse als Harm eine Chemie-Klausur schreiben sollte. Sie gingen auf die gleiche Schule, hatten aber schon unterschiedliche Kurse. Harm mochte kein Chemie, Piet hatte Spaß daran. Also schrieb Piet für Harm die Klassenarbeit. Der Lehrer hat es nie bemerkt und sich sicher nur gewundert, warum Harm so gut geschrieben hat.
Sie fühlen sich als „normale“ Geschwister, sind eben nur zeitgleich aufgewachsen.„Wir waren nie im Wettbewerb. Mal hat sich der eine an dem anderen orientiert. Mal war es anders herum. Jeder von uns hat seine Stärken. Und jeder braucht Raum für sich selbst, und um sich zu entwickeln,“ meint Harm.
Einen großen Einfluss auf ihre Entwicklung hatte ihre Kindheit in Jork bei Stade: „Wir sind direkt an der Elbe groß geworden. Wir haben immer die Finkenwerder Fähre genommen. Mit acht Jahren haben wir begonnen, zu segeln. Unsere Mutter hatte eine Jolle, die wir beide gerne mitgenutzt haben. Das hat uns geprägt. Wären wir in München groß geworden, wären wir jetzt wahrscheinlich nicht bei Hapag-Lloyd,“ ist Piet überzeugt.
Außerdem wurden sie von ihrer Familie geprägt. Ihr Vater ist selbst als Nautischer Offiziers Assistent (NOA) zur See gefahren, auch bei Hapag-Lloyd auf der „Tokyo Express“. Und der Großvater, auch ein Seemann, hatte in seiner Garage eine Werkstatt, in die er die Jungs immer zum Schrauben mitnahm. Und genau hier zeigten sich die unterschiedlichen die Interessen der beiden immer deutlicher: während sich Harm stundenlang beschäftigen konnte, langweilte sich Piet. „Ich merkte, das macht mich nicht glücklich. Dagegen hat mein Bruder diese Zeit sehr genossen. An diesem Punkt fingen wir an, ein bisschen mehr in verschiedene Richtungen zu gehen.“
Als Harm dann noch ein Praktikum bei dem Maschinenbauer MAK in Hamburg machen konnte, stand für ihn fest: „Ich möchte auf dem Wasser arbeiten, aber das muss auch etwas mit Technik zu tun haben. Bei MAK durfte ich während meines Praktikums an Schiffsmotoren arbeiten. Da hat es Klick gemacht. Ich muss anpacken. Büro ist nicht meins. Mit meiner Ausbildung zum Schiffsmechaniker kombiniere ich nun die zwei Dinge, die mir wichtig sind: Technik und das Element Wasser.“
Auch für Piet stand fest, dass er für seinen Beruf nicht auf das Wasser verzichten wollte. „Wir beide lieben das Wasser, wir beide lieben die Schifffahrt, wir beide lieben es, etwas zu tun. Aber jeder auf seine Weise.“ Mit seiner Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann hat er einen anderen Zugang zur Seefahrt gewäht: “Ich finde die Seefahrt als Geschäftsfeld super spannend. Weltweiter Handel – das reizt mich einfach.“
Einig waren sich sich dann wieder in der Auswahl ihres Ausbildungs-Unternehmens: „Für uns ist Hapag-Lloyd das beste Unternehmen, was wir uns vorstellen können, ehrlich. Das ist jetzt keine Werbung, sondern unsere Überzeugung. Wir beide finden super, was Hapag-Lloyd uns als Auszubildenden bietet – egal ob auf See oder an Land.“ Es passt zu ihnen, dass sie sich unabhängig voneinander beworben haben und Erik Hirsch, Senior Training & Education Manager at Marine Human Resources, ganz verwundert war, zum Ausbildungsstart plötzlich für die Landausbildung noch einen Gevers zu sehen.
Und auch, wenn sich jeder für seinen Weg entschieden hat und mit der Entscheidung glücklich ist, gibt es auch immer wieder Momente, in denen sie gerne - so wie damals bei der Chemie-Klausur - ihre Rollen tauschen würden.
„Harm fliegt jetzt nach Taiwan. Für seine Weltreisen beneide ich ihn schon. Besonders, wenn er seine Sachen packt. Manchmal würde ich dann auch gerne an Bord gehen. Aber nicht für so lange und eigentlich nur, um zu Reisen, nicht um zu Arbeiten,“ meint Piet. Auch Harm kennt dieses Gefühl: „Piet kann, wenn er mal einen schlechten Tag im Büro hat, nach Hause gehen und die Arbeit erstmal abhaken. Ich bleibe nach meiner Arbeit an Bord und kann nicht so einfach abschalten.
Außerdem gibt es ein paar Tage im Jahr, da fällt es mir schwer, nicht bei meiner Familie zu sein: wie zum Beispiel Weihnachten oder an unserem Geburtstag.“ „Ja, wenn Harm an unserem Geburtstag nicht zu Hause ist, dann fehlt ein Teil, ist doch klar“ fügt Piet hinzu. Aber deswegen die Rollen tauschen? Niemals. Denn beiden ist klar: „Auch wenn wir gleich aussehen, sind wir letztendlich zwei verschiedene Menschen.“