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Hier legt die Zukunft an: Jebel Ali in Dubai

Die Zukunft kann in Teilen schon heute am bislang neuesten Terminal 3 ­besichtigt werden, einer 1,8 Kilometer langen Kaikante. Das Laden und Löschen der ­Container überwachen hier Hunderte von Kameras wie mit Adleraugen. Die Kranführer arbeiten wegen des heißen Klimas nicht in den Krankabinen Sie ­sitzen ein paar Hundert Meter entfernt in einem angenehm klimatisierten ­Kontrollraum im dritten Stock eines ­Gebäudes am Terminal. Auf ihren Bildschirmen bewegen sich die Boxen wie riesige Ameisen. Die Technologie, so hofft DP World, hat großes Potenzial. Denn wenn man das Terminal nebenan von dort aus steuern kann, warum nicht auch den Boxenumschlag in einem Hafen Tausende Kilometer weiter entfernt? Willkommen in Jebel Ali, dem größten Containerhafen der Welt außerhalb Asiens.

15,4 Millionen TEU schlug Terminalbetreiber DP World in Jebel Ali zuletzt im Jahr 2017 um – das bedeutet, Tausende Container passieren täglich die Ein- und Ausfahrten. Jebel Ali, Platz 9 der jüngsten Weltrangliste von Lloyd’s List, ist so etwas wie das Flaggschiff des Betreibers. Dessen Reich umfasst heute weltweit insgesamt 78 Terminals. Hapag-Lloyd hat mit DP World unlängst ein spannendes Pilotprojekt gestartet: In Jebel Ali soll im Rahmen von „Strategy 2023“ eine neue Art von Zusammen­arbeit mit einem Terminal getestet werden – das Terminal Partnering.

Aber zunächst zurück in die Vergangenheit. Vor fast genau 40 Jahren haben sie hier den ersten Hafenteil gebaut, schon damals mit Containerumschlag. Damals lagen die Kais weit weg vom Zentrum Dubais im Wüstensand: „Wenn wir hier einen Hafen bauen, werden die Leute schon kommen“, dachten die Planer – der Mut wurde belohnt. Nach und nach wurde der Hafen erweitert, immer weiter Richtung Meer. Terminal 2 kam 2007 dazu, Terminal 3 wurde 2014 ­eröffnet und ist heute eines der größten halbautomatischen Terminals auf der Welt.

Container machen 80 Prozent des Gesamtumschlags in Jebel Ali aus. Die meisten Boxen transportieren Lkws vom und zum Hafen. Gate 4, eines der Tore zu diesem riesigen Hafen, sieht aus wie eine große Mautstelle auf der Autobahn. Dutzende Einfahrten für Lastwagen reihen sich nebeneinander. Fast an jeder Schranke stehen Trucks. Der automa­tisierte Check-in dauert nur Sekunden. Ein Röntgenscanner scannt, was der Truck geladen hat. Der Lkw wird registriert, mit Daten über die Firma als ­Partner des Hafens abgeglichen. Er bekommt einen Transponder, der Fahrer genaue Informationen, wo er hin muss – und die Hafenarbeiter dort Nachricht, sodass sie schon auf den Truck warten. Dann tickt die Uhr. 

Fast endlos geht der Blick unter den Containerkränen hindurch über den Kai

Die insgesamt 102 Kräne auf den Kais drehen sich jeden Tag im Jahr, rund um die Uhr ist geöffnet. Nur selten beeinträchtigt morgendlicher Nebel den Betrieb auf insgesamt 36 Quadratkilometern Fläche. Der Hafen ist Arbeitsplatz für mehr als 6.000 Menschen, die teils direkt auf dem Gelände leben. Dafür wurden besondere Areale ­geschaffen, mit Einkaufszentrum und Cricket- sowie Fußballstadion.

Und der Ausbau geht weiter: Ein viertes Terminal soll entstehen, draußen im Persischen Golf. Natürlich soll T4 hypermodern werden. Nach Fertigstellung von Phase 1 verfügt es zum Beispiel über 13 ferngesteuerte Containerkräne an der Kaikante, die in der Lage sind, mehrere Container mit einem Gesamtgewicht von bis zu 120 Tonnen gleichzeitig zu laden und löschen. Die Verantwortlichen haben bei der Erweiterung auch den nahen Al-Maktoum-Flughafen (auch Dubai World ­Central Airport genannt) im Blick: Er soll zu einem der größten der Welt ­ausgebaut werden.

Zwischen dem neuen Mega-Airport und den Terminals liegt schon jetzt die größte Freihandelszone in den die Emirate umgebenden Ländern des Golf-Kooperationsrates, die Jebel Ali Free Trade Zone. Mehr als 150.000 Menschen arbeiten dort heute in mehr als 7.500 Un­ternehmen, sie bilden eine eigene Stadt in Dubai, zollfrei und steuerfrei. Die Verbindung von Hafen, Freihandelszone und neuem Flughafen – das ist die Vision, an der sie hier arbeiten. Wenn Dubai in gut zwei Jahren die Expo 2020 ausrichtet, soll das auch dem Handel über den Hafen noch einmal einen Schub geben.

Arbeiter auf dem Terminal: Insgesamt mehr als 6.000 Menschen arbeiten im Hafen

Kein Wunder, dass Jebel Ali sich als Ort für ein wichtiges Pilotprojekt im Rahmen von „Strategy 2023“ anbot. Mit einem Dutzend Diensten läuft Hapag-Lloyd den Hafen zwischen Dubai und Abu Dhabi am Persischen Golf heute an – darunter „Schwergewichte“ wie der FE2 mit 20.000-TEU-Schiffen zwischen Nordeuropa und Asien, dazu kommen Feeder in der ­Region. „Bei ­Terminal Partnering“ geht es darum, dass die ­Terminalbetreiber und wir als Carrier uns gemeinsam ­anschauen, wie wir ­Verbesserungen ­implementieren können, die den Hafendurchlauf effizienter gestalten“, erläutert Mohamed Badawy, Senior Director, Operations der Region Middle East (RME). Je schneller und ­effizienter ein Schiff abgefertigt wird, desto optimaler kann es beispielsweise zum nächsten Hafen fahren und damit Brennstoff sparen. So sollen am Ende des Projekts unter anderem die durchschnittlichen Liegezeiten kürzer werden, Liegeplätze verlässlicher frei sein sowie Lotsen- und Schlepper-Einsätze optimiert werden. Dazu haben sich Hapag-Lloyd-Kollegen mit Vertretern von DP World zusammengesetzt, um zunächst gemeinsam die ­Situation zu analysieren und dann Verbesserungen zu finden.

Zur Zusammenarbeit gehört dabei auch, untereinander Daten auszutauschen, die man bisher nicht teilte – und sich dann zusammen jeden Schritt bei einem Anlauf anzuschauen, gegebenenfalls auch live vor Ort an der Kaikante. Wichtiger Bestandteil waren ebenso Erfahrungsberichte von Hapag-Lloyd-Seeleuten. Dabei kam etwa heraus, dass zum Beispiel im AGX-Service meist ähnliche Ladungsmengen bei einem Anlauf umgeschlagen werden, die Liegezeit aber erheblich variiert – die längste beträgt etwa das Doppelte der kürzesten. Mehr als vier Stunden weniger Liegezeit durchschnittlich pro Anlauf für alle Dienste in Jebel Ali, so viel Potenzial ergibt sich laut einer ersten Analyse. Gestartet wurde das Projekt im Frühjahr, erste Ergebnisse jetzt zeigen bereits eine deutliche Verbesserung. Mohamed Badawy betont die Win-win-Situation: „Gemeinsam mit DP World wollen wir die Produktivität des Terminals erhöhen, das ist sicher in ­beider Sinn.“ 

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